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Dandy Helmut Berger

Foto: APA/Andreas Gebhard

Der Dandy fasziniert nach wie vor und immer wieder. Was genau einen Dandy ausmacht, lässt sich zwar kaum mit Bestimmtheit feststellen, und doch meint man den wahren Dandy zu erkennen. Ein Dandy unterscheidet sich vom bloßen Fashion-Victim. Von der Mode lässt er sich nichts vorschreiben. Labels und Namen interessieren den Dandy nicht. Was er trägt, hat keinen Preis. Ein Dandy trachtet nur danach, vor allem passend gekleidet zu sein, und bei aller Angemessenheit den sehr feinen Unterschied herzustellen, auf dem es ihm ankommt.

Kurzum: Ein wahrer Dandy fällt nur dem auf, der die Sprache der Kleider gleichermaßen beherrscht. Es geht um das Detail, das sich abzusetzen vermag, um Macharten, die von Zeitgeschmack und von Tradition abweichen.

Historisch erscheint der Dandy in der europäischen Gesellschaft, als sich die Herrenmode radikal zu verändern beginnt. Der vergleichsweise schlichte Herrenanzug löste die gemusterten Gehröcke, anliegenden Hosen und Schnallenschuhe des 18. Jahrhunderts ab. Herkunft, Geschmack, Reichtum ließen sich nicht mehr so ohne weiteres an üppigen Stoffen, silbernen Knöpfen und einem lauten Dekor ablesen. Geburt und Vermögen waren nicht mehr allein entscheidend für das gesellschaftliche Fortkommen. Die veränderte Kleidung ist damit oberflächlicher und umso mehr sichtbarer Ausdruck einer Gesellschaft, in der die Verhältnisse neu geordnet wurden. Klassen bestehen wohl weiterhin, doch sind sie durchlässig geworden.

Meister der Zurückhaltung

Wer die Dress-Codes beherrscht, kann sich auch über Geburtsrechte hinwegsetzen. Den Dandy allein an seiner Garderobe erkennen zu wollen würde jedoch dessen sorgfältiges Bemühen um den alltäglichen Auftritt viel zu kurz fassen. Der Dandy ist kein Clown in auffallenden Kleidern. Gerade weil er ein Meister der Zurückhaltung und ein Könner legerer Sorgfalt bleibt, konzentriert er sich aufs Detail. Das Augenmerk gilt dem Knopfloch und niemals der lustigen Krawatte.

In der Figur des Dandys hat die Moderne ihre beredtste, zugleich widersprüchliche und nicht zuletzt männlich dominierte Oberfläche gefunden. Der Dandy erfindet sich täglich neu, allein durch seine ästhetische Kompetenz, seinen souveränen Geschmack. Doch ist er dabei kein Revolutionär, sondern er übertreibt die Anpassung. Er überschreitet jegliche Konvention, nicht in dem er sie bricht, sondern noch weiter perfektioniert. Diese konservative Fortschrittlichkeit setzt Wissen um Geschichte und das Gespür für Veränderung voraus. Es geht dem Dandy nicht allein um die Kleidung, nicht nur um den Auftritt. Vielmehr ist er Medium einer Epoche, die einerseits entschwindet und andererseits neue Maßstäbe setzt. Der Dandy mag sich nicht zwischen den Stühlen einer obsoleten Aristokratie und eines selbstgewissen Bürgertums niederlassen.

In einem nun wieder aufgelegten Buch, 1907 zum ersten Mal erschienen, lässt sich diese produktive Widersprüchlichkeit der Moderne in gepflegter Ironie nachvollziehen. In Leben und Meinungen des Herrn Andreas von Balthesser, eines Dandy und Dilettanten formulierte der Lyriker, Aphoristiker und Verwaltungsjurist die ästhetische Ideologie des Dandytums zum ersten Mal im österreichischen Kontext. Bereits im Erscheinungsjahr erlebte das Werk zwei Auflagen. Schaukal, der 1874 in Brünn geboren und 1942 nach einer überaus produktiven literarischen Karriere in Wien verstarb, begegnet den Veränderungen der Moderne aufmerksam, abwartend, in leisen Tönen und mag vielleicht auch deswegen weniger im Gedächtnis geblieben sein, als es diesem Autor eigentlich zustünde oder, um es mit Schaukals Worten zu sagen: "Wir leiden heute an Autoren, die mehr können, als sie - sind." (Brigitte Felderer, Rondo, DER STANDARD, 15.3.2013)