Im Schönberg-Haus in Mödling entstand der Film, in dem Marina Rosenfeld das Konzept der musikalischen Umkehrung von Arnold Schönberg visualisiert: "Six Inversions" (2013). 

Foto: Hannes Boeck

Ihre Auseinandersetzungen stehen nun im Zentrum der Schau "art is: new art" im Wiener Schönberg-Center.

Wien - Simon Starlings Arbeit hat nicht annähernd in das Schönberg-Center gepasst. Und so ist seine raumgreifende Installation Inverted Retrograde Theme, die er 2001 für den Hauptraum der Secession entwickelte und die Ideen von Arnold Schönbergs Zwölftonmusik reflektierte, nun lediglich in Form geduldigen Papiers präsent: Die Druckbögen des damaligen Katalogs liegen fein säuberlich in Vitrinen, ebenso filetiert wie einst ein Flügel in der skelettierten Secessionsarchitektur.

Mit Fragmenten eines Konzertflügels ließ der spätere Turner-Preisträger Starling 2001 die Vision eines spiegelbildlich konstruierten Instruments entstehen, auf dem die hohen Töne dort sind, wo sonst die tiefen angeschlagen werden. Die Leuchtstoffröhren wurden zur flackernden Lichtorgel mit Zwölfton-Struktur. Ein sinnliches Erlebnis, das man schwerlich vor einer Vitrine stehend rekonstruieren kann; an diesem Trockenschwimmen ändern leider selbst Originaldokumente aus dem Schönberg-Archiv nichts, die auf den Faksimiles des Katalogs liegen. Leider ist in der Jubiläumsausstellung des Arnold-Schönberg-Centers die Sprödigkeit des Modell- und Skizzenhaften ein wenig zu sehr Programm. Art is: new art heißt die Schau, die zeigen will, wie Ideen Schönbergs in den Arbeiten bildender Künstler fortleben - wie sie quasi im Werk anderer "neu entstehen".

Unrealisiert blieb auch 34 Jahre nach seinem Entwurf ein Konzept Stephen Prinas - dem Ausgangspunkt für die Arbeit der Kuratoren Edek Bartz und Christian Meyer: The Way He Always Wanted It sieht vor, Schönbergs Sechs Kleine Klavierstücke auf 1081, in konzentrischen Kreisen positionierten, Lautsprechern (einen für jeden Ton des Opus) simultan abzuspielen. Die Kakafonie wird jedoch auch weiterhin ungehört bleiben.

In einer anderen Arbeit schummelt Prina 21 Sekunden Stille in eine Aufnahme des Schönberg spielenden Glenn Gould. Am Kopfhörer der Installation ist es aber auch nach 22 Sekunden noch still. Geschwätzig ist die Ausstellung sicherlich nicht; oft lohnt es, das Internet zu Rate zu ziehen.

Rodney Graham hat sieben Takte aus Wagners Parsifal in ein Stück konzeptueller Musik transformiert: Vierzehn Orchesterstimmen lässt er unterschiedlich lange Loops davon spielen, sodass erst nach 39 Millionen Jahren alle wieder zusammen einsetzen würden. Im Hamburger Bahnhof hat man im Jahr 2001 sogar Teile daraus gespielt - in Wien zeigt man ein Stück der Partitur. Der Bezug zu Schönberg? Ein Essay über Parsifal und das Urheberrecht. Aha.

Gewohnt konzentriert und analytisch Florian Pumhösls und Mathias Polednas Schönberg-Variationen: Pumhösls zarte Liniengebilde entstanden in Auseinandersetzung mit Bühnenbildern des Künstlers; Poledna rekonstruiert einen Schrankentwurf Schönbergs als skulpturale Skizze. Beide arbeiten formal präzise, aber: Was soll es uns sagen, was erzählt es uns vom 1951 verstorbenen Musiker? Ebenso wenig wie die von Pawel Ksiazek auf Leinwand festgehaltenen Komponistenhände. Auch Silke Otto Knapps Auseinandersetzung mit Schönbergs Bild Nachtstück vermag in den Charme von Partituren und Archiv keine Spannung zu bringen. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 13.3.2013)