"Mama, das ist unfair!", sagt das Kind und bekommt diesen Blick aus Rehaugen, mit denen es vor mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt auf meine Welt kam. Ja. Sicher. Ist. Das. Unfair. Das sage ich aber nicht, ich denke es nur. Versuche mich auf den Kochlöffel in der Bolognaise-Sauce zu konzentrieren. Wenn ich jetzt spreche, klingt es gleich wie Schreien. Also durchatmen, nicht zu heftig umrühren, Ruhe bewahren. Dabei ist mir zum Schreien. Aber was kann das Kind dafür?

Nichts. Sicher ist es unfair, wenn einer mit dem Kind und einer ohne. Das weiß ich auch! Heiliger Bimbam: Gerade ist das W-Wort gefallen. In der Sekunde weiß ich, worauf alles hinauslaufen wird. "Lass uns doch morgen darüber reden!", sage ich und meine: übermorgen, nächste Woche, nächstes Jahr. Weihnachten!!! Ohne Kind??? "Mama, das ist jetzt nichts gegen dich!", sagt das Kind zu mir. "Aber stell dir vor: Alles wäre umgekehrt." Wie? Alles umgekehrt?

In meinen Schläfen beginnt es jetzt wirklich zu pochen. Innerlich schreie ich schon wieder: Es war nicht umgekehrt! War nicht meine Vorstellung, irgendwann nicht mehr fröhlich um einen gemeinsamen Baum zu tanzen! Aber ich sage nichts. Ich schweige. Ich koche. Ich atme. Und beginne es mir vorzustellen. Ganz langsam: Weihnachten. Ohne. Kind. Fast die Hälfte aller österreichischen Ehen werden geschieden. Ich bin also nicht alleine, auch nicht Weihnachten.

Danke, liebes Christkind, dass der 24. Dezember in diesem Jahr auf einen Montag fällt. Schön von dir, dass du bei uns jetzt schon am 23. Dezember vorbeifliegst. So ein Patchwork-Christkind macht also auch halbe-halbe. Und hoffentlich doppelt frohe Kinder! (Mia Eidlhuber, Family, DER STANDARD, 21.11.2012)