Es ist die klassische Salamitaktik, mit der Ungarns Premier Viktor Orbán die Demokratie nach seinen Vorstellungen zurechtstutzt. Schnitt für Schnitt geht es der Gewaltentrennung, dem demokratischen Fundament, an die Substanz: durch Druck auf Medien und Justiz.

Muss Orbán zurückstecken, wie im Fall der vom Verfassungsgericht aufgehobenen Wählerregistrierung, ist die nächste Scheibe dran: Mit einer Verfassungsnovelle soll das Höchstgericht entmachtet werden. Den Verdacht, dass Justiz und Behörden künftig nur noch nach den Interessen der Machthaber handeln sollen, erhärtet die undurchsichtige Rechtslage beim Grunderwerb durch Ausländer.

Dieser Zustand ist unhaltbar. Nicht nur die EU-Kommission als Hüterin der Grundwerte und Regeln der Union muss ihrer Verpflichtung in vollem Umfang nachkommen (was sie am Montag angekündigt hat). Auch die EU-Nachbarn Ungarns und vor allem Orbáns Parteifreunde in der Europäischen Volkspartei (EVP) sind gefordert.

Vor dem Hintergrund wiederholter Sympathiebekundungen von Exkanzler Wolfgang Schüssel für Orbán hat ÖVP-Chef Michael Spindelegger lange laviert und zuletzt noch vor "Ungarn-Bashing" gewarnt. Erst am Montag, beim Außenministerrat in Brüssel, wurde er etwas deutlicher. Klartext war das noch nicht. Der aber ist gerade unter Nachbarn und Freunden notwendig, damit Orbán sich nicht als Verteidiger Ungarns vor seinen " Feinden" darstellen kann. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 12.3.2013)