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Ungarns Regierungschef Viktor Orbán stimmt per Knopfdruck über die erneute Verfassungsänderung ab.

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Budapest/Brüssel/Wien - Ungeachtet der Proteste im In- und Ausland hat das ungarische Parlament am Montagnachmittag mit der Zweidrittelmehrheit der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz die Verfassungsänderung beschlossen. Deren umstrittenster Punkt ist die Entmachtung des Verfassungsgerichts.

Noch vor der Verabschiedung hatte die EU-Kommission rechtliche Schritte angekündigt. "Wir müssen schauen, ob unsere Sorgen berücksichtigt wurden" , sagte eine Sprecherin der Kommission am Montag in Brüssel. "Wenn das nicht der Fall ist, stehen uns eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Und wir werden nötigenfalls alle Instrumente nutzen."

Gemäß der von der Regierung Viktor Orbáns eingebrachten Novelle dürfen die Höchstrichter Verfassungsänderungen und -zusätze künftig nur noch verfahrensrechtlich, nicht mehr inhaltlich prüfen. Darüber hinaus dürfen sie sich nicht mehr auf die eigene Spruchpraxis aus der Zeit vor Inkrafttreten der derzeitigen Verfassung im Jänner 2012 berufen. Weitere Änderungen erlauben es der Regierung, stärker in Justiz und Hochschulwesen einzugreifen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte am Freitag in einem Telefongespräch mit Orbán vor Verstößen gegen die Grundwerte der Union gewarnt. Orbán erklärte daraufhin schriftlich, seine Regierung sei "voll und ganz den EU-Werten und -Gesetzen verpflichtet".

Spindelegger will Klarheit

Mahnende Worte kamen auch von Außenminister Michael Spindelegger. Es sei " nicht zum ersten Mal, dass wir da und dort bei der Gesetzgebung in Ungarn europarechtliche und nachbarschaftliche Bedenken haben", sagte Spindelegger vor dem Außenministerrat am Montag in Brüssel. Wien werde sich "mit allem Nachdruck mit den Nachbarn zusammensetzen, um hier Klarheit zu schaffen, auch im österreichischen Sinn". Damit spielte Spindelegger auf die jüngst bekanntgewordenen Enteignungen österreichischer Grundbesitzer in Ungarn an.

Orbáns Politik schreckt unterdessen auch immer mehr Anleger ab. Am ersten Handelstag nach der Entmachtung von zwei als unabhängig geltenden Vizezentralbankchefs durch den neuen Notenbankchef György Matolcsy trennten sich am Montag viele Investoren von ihren Forint-Positionen. Somit mussten für einen Euro bis zu 302,90 Forint bezahlt werden - so viel wie seit Anfang Juni 2012 nicht mehr. (red, DER STANDARD, 12.3.2013)