Beim Ausschachten dieses Regenwasserrückhaltebeckens im Stadtgebiet von Bielefeld in Ostwestfalen wurden 195 Millionen Jahre alte Tonsteine aufgeschlossen, die im Jahr 2012 zur Fossiliensuche einluden. Nicht nur das Gebiet der Herforder Liasmulde bei Bielefeld ist für Fossilfunde prädestiniert - Fossilien kann man fast überall finden, wo Gesteine zu Tage treten. Es lohnt sich, auf Baumaßnahmen, Steinbrüche, Naturaufschlüsse zu achten!

Foto: Sönke Simonsen

Der Hobby-Paläontologe Hermann Simonsen bereitet die Bergung der Austernplatte mit Gips vor.

Foto: Sönke Simonsen

Nach und nach verschwinden die Austern unter einem Gipsmantel, der zur Stabilisierung erforderlich ist, weil das bröckelige Tongestein sonst unweigerlich in seine Einzelteile zerfallen würde.

Foto: Sönke Simonsen

Nach der oberflächlichen Ummantelung mit Gips und dem Aushärten des Gipses wurde zur Bergung der Platte zunächst ein Klappspaten ähnlich wie ein Tortenheber unter das Gestein geschoben, um das Zerfallen in Einzelteile zu vermeiden. Nach dem Lösen aus dem darunter lagernden Gestein wurde die Platte vorsichtig umgedreht und auf ein Tablett gebettet. Das Foto zeigt die Platte bereits befreit von überschüssigem Ton. Man sieht bereits zahlreiche Austern. Das Tongestein wird mit einem Leim-Wasser-Gemisch ausgehärtet und die Risse mit Leim geschlossen.

Foto: Sönke Simonsen

Einige Tage später ist die Platte ausgehärtet und glänzt durch den großzügig aufgebrachten, mit Wasser verdünnten Leim wie eine Speckschwarte. Entscheidend ist zunächst jedoch nicht die Optik, sondern dass die Platte nun die Stabilität hat, um die weitere Freilegung zu überstehen.

Foto: Sönke Simonsen

Pressluftstichel für den Grobabtrag, Skalpelle zum Schaben und Sandstrahltechnik (mit Eisenpulver) kommen zum Einsatz, wodurch nach und nach immer mehr Austern und immer mehr Details sichtbar werden.

Nach rund 20 Stunden ist die Präparation der zirka 195 Millionen Jahren alten und 34 x 24 Zentimeter großen Austernplatte aus dem Unteren Sinemurium von Bielefeld abgeschlossen. Es lassen sich über 50 Exemplare von Gryphaea arcuata studieren, einem im nordwesteuropäischen Unterjura-Meer zeitweise sehr verbreiteten Futterfiltrierer.

Foto: Sönke Simonsen

Detailausschnitt mit durcheinander gewirbelten Individuen von Gryphaea. Die unterschiedliche Lage der Individuen deutet auf eine Zusammenschwemmung hin, eine rasche Einbettung in Lebendposition erscheint dagegen durch dieses Bild ausgeschlossen. Insgesamt zeigt die Außenseite der gebogenen linken Klappe der Austern bei vielen Individuen nach oben. Dies ist konträr zur Lebendposition und zur stabilsten Lage in der Strömung, passt aber gut ins Bild, wenn man bedenkt, dass die Platte bei der Bergung um 180 Grad gedreht wurde.

Foto: Sönke Simonsen

Nahdetail einiger Gryphaen, die sich übereinander türmen. Rechts im Bild ist ein Gehäuse mit erhaltener flacher, rechter Klappe zu sehen.

Foto: Sönke Simonsen

Dieses doppelklappige einzelne Individuum einer rund 5 Zentimeter großen Gryphaea arcuata, das vom selben Fundort stammt, illustriert die Schalendetails, die die Wachstumsphasen der Auster widerspiegeln. Gut erkennbar ist die schräg gestellte rechte Klappe (Deckel). Dieses Stück ist ein Glücksfall, da sich die organische Substanz, die beide Klappen zusammenhielt, offenbar schon weitgehend aufgelöst hatte, aber die Zudeckung mit Sediment noch rechtzeitig genug erfolgte, dass beide Klappen im Zusammenhang erhalten blieben. (Sönke Simonsen, derStandard.at, 16. 3. 2013)

Foto: Sönke Simonsen