Edinburgh/Dublin - Wales hat es tatsächlich geschafft. Die regierenden Champions erkämpften am vierten Spieltag der Six Nations einen 28:18-Sieg auf dem Edinburgher Murrayfield gegen Schottland und damit gleichzeitig die Chance auf ein Entscheidungsmatch um den erneuten Turniersieg in der letzten Runde. Da wird es in einer Woche vor heimischer Kulisse im Millennium Stadium zu Cardiff gegen Tabellenführer England (der sich am Sonntag beim 18:11 gegen Italien sehr schwer tat) gehen.
Damit war fast nicht mehr zu rechnen, nachdem die Waliser nebst sämtlichen Ländermatches auch den ersten Auftritt in den Six Nations gegen Irland überzeugend vergeigt hatten. Doch nach Erfolgen in Frankreich und Italien hält man inklusive dem frischesten Fischzug mittlerweile beim dritten Auswärtssieg in Serie. Turnierübergreifend sind es gar schon fünf, und so etwas hat bisher noch keine walisische Auswahl zusammengebracht.
Hooker Richard Hibbard verantwortete den einzigen Try (22. Minute) in einer von Fehlern gepflasterten Auseinandersetzung. Für die meisten Punkte (23) sorgte der walisische Fullback Leigh Halfpenny, der sieben Penalties sowie eine Conversion zwischen die Malstangen schickte. Schottlands Scrumhalf Greig Laidlaw stand im mit seinen sechs versenkten Straftritten kaum nach.
Das muntere Gekicke sorgte in der ersten Halbzeit dafür, dass die Führung mehrfach wechselte und zur Halbzeit bei einer mit der letzten Aktion realisierten 13:12-Führung der Gäste noch alles offen war. Abgesehen davon dominierte eine sichtlich voller Selbstvertrauen pumpende walisische Sturmreihe, die wesentlich für 57 Prozent Ballbesitz und neun Turnovers (gegenüber vier der Schotten) verantwortlich zeichnete.
Erst in der letzten Viertelstunde der Partie konnten sich die letztendlichen Sieger nach zwei weiteren Halfpennys um zehn Punkte in relative Sicherheit absetzen und überstanden auch die finale schottische Druckphase auch mit nur 14 Mann (Paul James war exakt eine Sekunde vor Ende der Spielzeit auf die Strafbank verbannt worden) unbeschadet. Seit 240 Minuten hat Wales nun keinen Versuch des Gegners mehr hinnehmen müssen.
Zerfahrenes England im Glück
Nun braucht man einen Sieg mit acht Punkten Differenz gegen ein England, das nur mit etwas Glück eine erste Niederlage gegen Italien vermeiden konnte. Besonders in der zweiten Halbzeit dominierten die Gäste, die in London ihre Partien bisher im Schnitt mit einem Defizit von 35 Punkten zu verlieren pflegten. Während die Azzurri auch spielerisch den besseren Eindruck machten und durch Luke McLean auch den einzigen Try des Spiels zusammenbrachten, konnten sich die Engländer bei Toby Flood bedanken: der Flyhalf verwertete alle seiner sechs Penaltykicks.
Im Finish inszenierten die Italiener, nach schwächeren Vorstellungen gegen Schottland und Wales wieder deutlich verbessert, eine wahre Belagerung der englischen Trylinie, suchten aber letztlich vergeblich den Weg über sie hinweg.
Frankreich nicht mehr nackt
In der zweiten Begegnung des Tages holte das auch an dieser Stelle zum Topfavoriten geschriebene Frankreich mit einem 13:13 in Dublin gegen Irland endlich seinen ersten Punkt. Nächste Woche muss gegen Schotten trotzdem noch etwas Zählbares abfallen, um einen peinlichen letzten Platz noch zu vermeiden.
"In unserer Lage wäre ich mit einem 3:0 völlig einverstanden", hatte Teamchef Philippe Saint-André vor dem Anpfiff geseufzt. Nun, damit wurde es nichts. Lange hatte es in einem ausgeglichenen Kräftemessen sogar nach einem Erfolg der Gastgeber ausgesehen, die mit einer 13:6-Führung in die letzten zehn Spielminuten gingen.
Doch die Franzosen, nach einigen Wechseln von frischem Mut beseelt, drückten nun mit dem Mut der Verzweiflung und es war Louis Picamoles, der sie mit seinem Try in Schlagdistanz brachte. Nun hing alles an Frederic Michalak. Dessen Nervengerüst erwies sich als stabil, seine Conversion brachte den Ausgleich. Schon im Vorjahr hatten sich die beiden Teams mit einem im Rugby recht seltenen Remis getrennt. (Michael Robausch, derStandard.at - 10.3 2013)
ERGEBNISSE Six Nations, vierter Spieltag:
Schottland - Wales 18:28 (12:13)
Schottland - Penalties: Greig Laidlaw (6).
Wales - Try: Richard Hibbard. Conversion: Leigh Halfpenny. Penalties: Halfpenny (7).
Irland - Frankreich 13:13 (13:3)
Irland - Try: Jamie Heaslip. Conversion: Paddy Jackson. Penalties: Jackson (2).
Frankreich - Try: Louis Picamoles. Conversion: Frederic Michalak. Penalties: Michalak, Morgan Parra.
England - Italien 18:11 (12:3)
England: Penalties: Toby Flood (6)
Italien: Try: Luke McLean; Penalties: Luciano Orquera (2)