Klotzen statt Kleckern hilft nicht mehr. Große österreichische Einrichtungshäuser kämpfen mit sinkenden Margen und drosseln das Expansionstempo.

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Wien - "Ohne unsere Werke im Osten hätten wir ein Problem", sagt Peter Scherf, Chef von Ada, Österreichs größtem Polstermöbel-Hersteller. Sein steirischer Standort Anger mit 510 Mitarbeitern erziele seit Jahren Verluste. Der Umsatz gehe trotz hoher Qualität zurück. Die Personalkosten seien im Vergleich zu den weiteren Fabriken in Ungarn und Rumänien zu hoch.

Scherf sieht an Jobabbau in Anger keinen Weg vorbei. Man versuche mit natürlichen Abgängen über die Runden zu kommen und besetze offene Stellen nicht nach. Dass sich der Markt mittelfristig erholt, bezweifelt er aber. Zu sehr werde bei der Einrichtung gespart.

Bei Menschen, für die Geld wenig Rolle spiele, boomten exklusive Marken nach wie vor. Die mittleren und unteren Einkommensschichten ließen jedoch aus. Ada beschäftigt in drei Fertigungen in Ungarn und Rumänien bereits gut 1700 Mitarbeiter und bedient von dort aus österreichische, deutsche und Schweizer Möbelketten. Anders als in Anger, wo Umsätze fast zweistellig sanken, verbucht Ada in beiden Ländern Zuwachs und Gewinn. Im osteuropäischen Handel ist das Unternehmen kaum gelistet. Worüber er heilfroh sei, wie Scherf betont. Der Einrichtungsmarkt sei dort mit der Krise 2009 eingebrochen - und seither nicht wieder auf die Beine gekommen.

Hart zu spüren bekommt das Kika. Der familiengeführte Konzern ist mit Leiner die Nummer zwei am österreichischen Möbelmarkt und wagte sich als einer der Ersten der Branche nach Osteuropa vor. Mit 23 Häusern sind die Österreicher dort in sechs Ländern aktiv. Am Donnerstag eröffnete eine neue Filiale in Zagreb.

Offene Baustellen

Kika weist in der Bilanz 2012/13 ein negatives Ergebnis von elf Millionen Euro aus. Auch für das laufende Geschäftsjahr zeichnen sich kaum Gewinne ab. Branchenkenner sehen viele offene Baustellen. Die Jahre, in denen Kika in Österreich von Gewinnsprüngen im Osten in zweistelliger Höhe profitiert habe, seien vorbei. Halb so hohe Personalkosten und billige Standorte hätten anfangs lohnende Geschäfte gebracht. Nachdem sich der Wind aber drehte, ließen sich Probleme an Heimmarkt nicht länger kaschieren. Von einer drohenden Sanierung ist die Rede.

Die Umsätze im Osten sind gesunken, bestätigt Paul Koch, Chef von Kika, dem Standard; seiner Familie gehören über Stiftungen Kika wie Leiner. Er hoffe aber, nun die richtigen Antworten darauf zu haben. "Die Maßnahmen greifen."

Man habe das negative Ergebnis erwartet, es sei auch mit den Banken abgestimmt. Kika werde 2014 wieder Gewinn erzielen, "wir sind gut mit Eigenkapital ausgestattet".

Kroatien ziehe die Entwicklung nach unten. "Es ist das schwierigste Land derzeit." Ungarn habe es als Erstes erwischt, seit vier Monaten verdiene Kika dort aber wieder Geld. Tschechien und die Slowakei entwickelten sich stabil, auch Serbien laufe gut. Unverändert hart bleibe der Markt in Rumänien.

Kika reüssiere in Hauptstädten wie Bratislava sehr gut, das Problem seien kleinere Regionalstädte, resümiert Koch. Da und dort werde weiter in neue Möbelhäuser investiert. "Wir nehmen aber die Geschwindigkeit aus der Expansion raus, sind vorsichtiger geworden."

Auslöser der Verluste seien vor allem hohe Ausgaben für den Umbau von Filialen in Österreich. Belastet haben die Bilanzen zudem Swap-Vereinbarungen, die Zinsschwankungen absichern sollten, jedoch zum negativen Marktwert von 4,6 Millionen Euro führten. 19 Mio. negativen Marktwert lieferten Devisenoptionsgeschäfte für den Euro und die Isländische Krone. Das sei zu einer Zeit passiert, in der viele Firmen auf Swaps setzten, sagt Koch. Kika/Leiner sei ansonsten konservativ finanziert.

Verkaufsgerüchte, die seit dem Beitritt zum deutschen Einkaufsverband Atlas die Runde machen, weist er entschieden zurück. Interessant seien Synergien bei Logistik und Einkauf. Ansonsten wolle keiner in der Branche des anderen Glück oder Unglück teilen.

Bei Leiner sank das Ergebnis zuletzt von fast 14 auf 5,4 Millionen Euro. Die Umsätze stiegen um 4,5 Prozent. Die Handelskette expandierte jüngst nach Innsbruck.

Schärfster Rivale der Gruppe ist Lutz, der auch die Diskonter Mömax und Möbelix betreibt. Die 196 Möbelhäuser der Gebrüder Seifert setzen nach starker Expansion in Deutschland 2,9 Milliarden Euro um. Nähere Einblicke in die Bilanzen gibt Lutz keine. "Wir wachsen über Verdrängung" , versichert Geschäftsführer Thomas Saliger und legt eine Liste an Eröffnungen und Umbauten vor, von Braunau über Kapfenberg bis Ungarn. Flächendeckend "jedes Kaff" im Osten zu besetzen sei aber wenig sinnvoll.

Schweden hart zu knacken

Nicht gelungen ist es dem Konzern, Schweden, die Heimat von Ikea aufzumischen. Fünf bis sechs Häuser wollten die Welser einst dort starten. Bisher gibt es eines. Das passende Sortiment für Skandinavier zu finden erweise sich als schwierigeres Unterfangen als gedacht, sagt Saliger. "Wir müssen hier erst fitter werden."

Auf dem österreichischen Möbelmarkt gut aufgestellt sieht sich der Fachhandel. Der Umsatz gehe seit dem vierten Quartal 2012 zurück - "aber wir jammern auf hohem Niveau. Mitte des Jahres sollte sich die Lage wieder bessern", sagt Christian Wimmer, Chef der Einkaufsverbände Garant Möbel und Wohnunion. Viele Handwerker seien bis 2014 ausgelastet, erzählt Martin Wetscher, der in Tirol mit 100 Mitarbeitern und ei-nem Möbelhaus die Stellung hält. "Die Generation Touchscreen will echtes Holz, edles Material, Langlebiges, den Touch der Ewigkeit." Da werde für eine drei Quadratmeter große Speis gut und gern auch 7000 Euro ausgegeben. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 9.3.2013)