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Die Erwartungshaltung adipöser Patienten an eine Magenoperation ist groß.

Foto: APA/David Ebener

Wien - In Österreich werden jeden Tag rund sieben Magenoperationen mit dem Ziel durchgeführt, das Gewicht adipöser Patienten zu reduzieren. Dass ein solcher Eingriff für den Betroffenen auch ein Erfolg wird, hängt nicht nur mit dem eisernen Willen zur Lebensveränderung ab, sondern auch von der Betreuung nach der Operation. Und genau daran hapert es oft, appellierte Diaetologin Birgit Lötsch, die an der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien mit adipösen Patienten arbeitet. Die Expertin wird morgen, Freitag, auf dem 30. Ernährungskongress in Wien einen Vortrag darüber halten.

Seit fünf Jahren werden jährlich rund 2.400 Magen-Eingriffe mit dem Ziel der Gewichtsreduktion bei adipösen Patienten durchgeführt, wie eine Umfrage der Gesellschaft für adipositas- und metabolische Chirurgie zeigt. 65 Prozent der Patienten erhalten einen Magen-Bypass, 19 Prozent eine Magenverkleinerung und elf Prozent verstellbare Magenbänder. Den verbleibenden Patienten stehen andere Methoden zur Verfügung.

Regelmäßige Nachkontrollen

"Die Probleme beginnen für die Patienten schon vor der Operation", berichtete Lötsch. Die Erwartungshaltung, dass sich alle anderen Probleme wie von selbst lösen würden, wenn man erst einmal operiert ist, sei höchst trügerisch. "Viele Betroffene realisieren nicht, dass sie infolge der Operation ihre Ernährung völlig umstellen müssen, im Sinne einer ernährungstherapeutischen Intervention Vitamin-, Protein- und Kalziummängeln vorbeugen müssen, um Mangelerscheinungen zu vermeiden, und regelmäßige Nachkontrollen über sich ergehen lassen müssen". Lötsch berichtete über einen besonders heftigen Fall aus ihrer Praxis, bei dem ein Mann diese diaetologischen Nachkontrollen verweigert hatte. Als Konsequenz fielen ihm sämtliche Zähne aus.

Dass die Nachsorge nicht immer von den Krankenkassen übernommen wird, ist vielen Patienten ebenfalls nicht klar. "In der Rudolfstiftung sind wir in der glücklichen Lage, vor der OP den Patienten ein Aufklärungsprogramm genauso wie ein maßgeschneidertes Nachsorgeprogramm innerhalb des Krankenhauses zum Nulltarif bieten zu können. Damit sind wir in einem Boot mir nur wenigen anderen Krankenhäusern in Österreich." Abseits der ärztlichen Nachsorge müssen Betroffene für diese Maßnahmen nämlich in die eigene Tasche greifen. Und das ist meist nicht unbeträchtlich.

Soziale Staffelung

So schlagen sich Arzneimittelkosten - etwa für notwendige Vitaminpräparate - monatlich mit mindestens 40 Euro zu Buche. "Das alles summiert sich. Und damit haben wir ein profundes Beispiel für eine Zwei-Klassen-Medizin zulasten der Patienten", meint Lötsch. Denn oft sind es gerade Menschen aus sozial schwachen Gruppen, die sich wegen ihrer Adipositas operativen Eingriffen unterziehen müssen. Lötsch: "Ich habe nichts dagegen, wenn Menschen auch einen Beitrag zu ihrer Behandlung leisten sollen, aber der sollte zumindest sozial gestaffelt sein, um finanziell bedingte Therapie-Misserfolge oder gar Therapie-Versager möglichst hintan zu halten".

"Extreme Formen von Übergewicht sind durch Diät, Verhaltenstherapie oder Medikamente kaum mehr beeinflussbar. Adipositas korreliert direkt mit Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ II sowie kardiovaskulären Erkrankungen. Nicht chirurgische Behandlungsmethoden bei morbider Adipositas haben eine Rückfallsrate von über 90 Prozent unabhängig von der Wahl einer konservativen Therapieform", meinte auch Karl Miller, Vorstand der chirurgischen Abteilung am Krankenhaus Hallein und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für adipositas- und metabolische Chirurgie.

Und: Eine schwedische Studie hat nach einer 20-jährigen Analyse gezeigt, dass bei operierten Patienten das Überleben größer war und Begleit- und Krebserkrankungen reduziert werden konnten. Besonders effektiv sind chirurgische Eingriffe bei Typ 2-Diabetes. Konservative Maßnahmen zur Gewichtsreduktion greifen immer weniger, je mehr Gewicht der Patient auf die Waage bringt und Begleiterkrankungen vorliegen. (APA, 8.3.2013)