Zu wenig Förderung, schlechte Lehrer, keine Nachmittagsbetreuung. Die Eltern, deren Kinder eine Privatschule besuchen, haben viele Gründe dafür. Mit dem öffentlichen Schulsystem sind sie meist unzufrieden. Die Kosten für die Privatschule würden sich jedenfalls auszahlen, meinen die meisten von jenen, mit denen derStandard.at gesprochen hat. Eine Abkapselung ihrer Kinder vom Rest der Gesellschaft fürchten sie kaum. "Ein Kind hat ein Recht auf eine gute Ausbildung, auf ein Maximum an Verständnis", erklärt etwa die Historikerin Carola Augustin, warum sie für ihre Kinder eine Privatschule ausgesucht hat.

In Österreich besuchen laut Statistik Austria rund zehn Prozent aller Schüler eine der 600 Privatschulen. Im internationalen Vergleich ist das nicht besonders viel. So erhob etwa die etwa OECD-Studie "Bildung auf einen Blick", dass 5,7 Prozent der österreichischen Schüler eine private Volksschule besuchen; der OECD-Durchschnitt liegt immerhin bei 7,4 Prozent. Trotzdem steigt auch in Österreich der Anteil an Privatschülern – wenn auch nur langsam.

Lehrerin hänselte Tochter

Der Sohn von Augustin wechselte nach dem Schulbeginn von einer öffentlichen Volksschule an die "AIS Elementary School", die Grundschule der American International School in Wien. An der öffentlichen Volksschule konnte die Lehrerin seinen Wissensdurst nicht stillen – sie musste sich auf die schwächeren Schüler konzentrieren. Auch ihre Tochter hatte Schwierigkeiten. Da sie ein Jahr früher eingeschult wurde, war sie noch sehr klein und jünger als ihre Klassenkollegen in der Volksschule.

"Die Lehrerin hat sie bloßgestellt", erzählt Augustin. Ihre Tochter sei von den Schülern und von ihrer Lehrerin gehänselt worden. Sie wechselte deshalb auf die "Vienna Elementary School". Dort böten die Lehrer den Kindern neben individueller Förderung auch praktische Erfahrung, so Augustin. Gemeinsam werden Hühnereier im Labor ausgebrütet, ein Geigenbauer oder eine Theatervorstellung besucht.

Keine Nachmittagsbetreuung

Für eine Schule mit englischsprachigem Unterricht hat sich Augustin nach dem Ausschlussverfahren entschieden. Eine konfessionelle oder eine mit alternativen Lehrmethoden wie eine Montessori-Schule kam für sie nicht infrage. Für Karin Strobl, Chefredakteurin der Regionalmedien Austria, lagen die Prioritäten anders. Sie war gezwungen, ihre heute 19-jährige Tochter auf eine Privatschule zu geben, da die öffentlichen keine Nachmittagsbetreuung anboten. Nach der Volksschule gab es in der Umgebung nur eine konfessionelle Privatschule und eine Waldorfschule mit ganztätigem Betrieb. Der Unterricht in der katholischen Privatschule hat Strobl "an die 70er Jahr erinnert". Wie an den öffentlichen Schulen wurde auch hier frontal unterrichtet.

Obwohl Strobl am Anfang skeptisch war, überzeugte sie sich bald vor Ort davon, dass die Waldorfschule im 18. Bezirk in Wien die richtige für ihre Tochter war. Vor allem, dass die Kinder "am Objekt lernen" und der Fokus auf Sprachen liegt, hat Strobl gefallen. Ihre Tochter sei an der Schule sehr selbstständig geworden. Die Befürchtung, dass der Unterricht "lasch" sei, habe sich nicht erfüllt. Einiges sei ihr aber trotzdem zu esoterisch gewesen.

Foto: istockphoto.com/pixdeluxe
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Katholische Privatgymnasien "engstirnig"

Der Sohn von Bernhard Dorfer* besucht die dritte Klasse der Unterstufe in einem Stiftsgymnasium in Oberösterreich. "Mir sind katholische Privatgymnasien zu engstirnig", sagt Dorfer, der als Lehrer an einer Neuen Mittelschule unterrichtet. Da viele Freunde sich für dieses katholische Gymnasium entschieden haben, wollte auch der Sohn von Dorfer diese Schule besuchen. Schlussendlich haben ihm das die Eltern auch erlaubt.

"Die kochen ihr eigenes Süppchen", erklärt Dorfer seine Zweifel. Der Reformdruck, den vor allem Mittel- und Hauptschulen derzeit spüren, ginge generell an den Gymnasien vorbei. Das katholische Gymnasium komme ihm altertümlich vor. "Die Zeit ist dort stehen geblieben", so Dorfer. Sein Sohn müsse immer noch alle Hauptstädte in Österreich auswendig lernen und aufzählen, obwohl diese Unterrichtsmethode längst überholt sei.

"Da geht es nicht nur um das Durchkommen"

Ganz anders spricht Karoline Lanschützer von der katholischen Privatschule, die ihre beiden Kinder, 12 und 14 Jahre alt, derzeit besuchen. Die Atmosphäre an der Albertus Magnus Schule im 18. Bezirk sei familiär, das Niveau sei hoch. Der Schulstandort ist eine Art Campus: Es gibt eine Volks-, eine Neue Mittelschule, ein Gymnasium und ein Realgymnasium. "Da geht es nicht nur um das Durchkommen", so Lanschützer.

In Österreich führen konfessionelle Erhalter einen Großteil der Privatschulen (siehe Grafik oben). Die Kosten für die Lehrer an konfessionellen Schulen übernimmt der Bund. Wie hoch die Ausgaben des Staates für konfessionelle Schulen sind, ist allerdings unklar. Für die Lehrer an AHS und BMHS gab der Bund im Schuljahr 2011/13 rund 287 Millionen Euro aus. Wie hoch die Ausgaben für Pflichtschulen ist, lässt sich nicht sagen, da die Länder dafür zuständig sind. Sie bekommen über den Finanzausgleich ein Budget, über das sie frei verfügen können. Nicht-konfessionelle Privatschulen bekommen jährliche 4,5 Millionen Euro an Förderungen vom Bund. Eine Ausnahme stellt die Vienna International School dar, die laut Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen, alleine vom Bund 5 Millionen Euro an Förderungen bekommt.

Hohes Schulgeld

Durch die staatlichen Subventionen des Bundes ist das Schulgeld an konfessionellen Schulen geringer als an anderen. Dorfer zahlt für seinen Sohn 90 Euro pro Monat, Lanschützer 130 Euro. An der "Vienna Elementary School", die Augustins Tochter besucht, liegen die Kosten bei 3.530 Euro pro Semester, die Anmeldegebühr kostet zusätzlich 650 Euro. Laut Augustin lässt sich das Schulgeld an Privatschulen aber verhandeln. Sie kennt auch eine Mutter, die für die Schule als PR-Mitarbeiterin tätig ist, um ihrem Kind den Besuch zu ermöglichen.

Für Lanschützers Familie war das Schulgeld nie Thema, aber auch finanziell nicht so gut gestellte Familien würden ihre Kinder an die Albertus-Magnus-Schule geben. "Das ist das einzige, was man ihnen mitgeben kann", sagt Lanschützer über die Ausbildung der eigenen Kinder. Sie findet es schade, dass der Staat die Privatschulen finanziell nicht mehr unterstützt, so dass die Schule stärker investieren kann.

Die Gefahr, dass die Kinder in Privatschulen wie der Albertus-Magnus-Schule vom Rest der Gesellschaft isoliert werden, sieht Lanschützer nicht. "Es ist keine abgehobene Schule", sagt sie. Das Arbeiterkind besuche die Schule genauso wie das Professorenkind. In der Klasse ihrer Tochter gäbe es auch zwei Kinder mit Migrationshintergrund.

Bessere Kleidung

Christoph Huber (23), Generalsekretär bei der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), hat in der Unterstufe des Gymnasiums des Sacré Coeur Graz andere Erfahrungen gemacht. Seine Klassenkollegen waren Kinder von Ärzten und Anwälten. Hubers Vater ist Angestellter, seine Mutter Lehrerin. "Man hat schon gemerkt, dass es Unterschiede gab", erzählt Huber. Vor allem an der Markenkleidung seiner Schulkollegen habe man gesehen, wie viel die Eltern verdienen. An der Schule gibt es zwar eine Kleiderordnung – die erlaubten Farben sind blau und weiß – aber keine Uniformen. Kinder mit Migrationshintergrund habe es gar keine gegeben. Auch bei Huber war die Nachmittagsbetreuung der Grund, warum sich seine Eltern für das katholische Privatgymnasium entschieden haben.

Ob die Privatschule besser war als eine andere, will Huber nicht beurteilen. Die Lehrer seien jedenfalls am Sacré Coeur genauso gut bzw. schlecht gewesen wie später an der HTL. Laut der PISA-Studie aus dem Jahr 2009 entsprechen die Leistungen von Schülern an Privatschulen denselben, wie jenen von öffentlichen Schulen. (Lisa Aigner, derStandard.at, 11.3.2013)