Wohnen im Arsenal wurde in den letzten zehn Jahren immer teurer, sagt die AK und verweist auf eine diesbezügliche Studie.

Foto: derStandard.at/Putschögl

Dass Pkw-Stellplätze früher in der Miete inkludiert waren und heute extra angemietet werden müssen, sorgt im Arsenal für Unmut. Mehrere Altmieter sind darüber "in Verhandlungen" mit der Hausverwaltung.

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Der Zeitpunkt der Präsentation war wohl nicht ganz zufällig gewählt: Die Arbeiterkammer präsentierte just am Tag vor Beginn der Wiener Volksbefragung (siehe "Mehr zum Thema") eine Studie, die sich mit dem "Wandel der Wohnbedingungen im Zuge der Privatisierung" beschäftigt, und zwar konkret am Beispiel der Wohngebäude im Wiener Arsenal. Ursprünglich zu den Beständen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zählend, wanderten diese Wohnbauten mit rund 800 Wohnungen im Jahr 2003 in private Hände. Ein Jahr später wurden dann die Bundeswohngesellschaften (Buwog) im Zuge einer noch heute umstrittenen Transaktion privatisiert.

Heute befinden sich die besagten 800 Wohnungen im Besitz zweier Immobiliengesellschaften; rund 700 davon sind derzeit bewohnt. Das SRZ Stadt- und Regionalwissenschaftliches Zentrum Wien befragte im Auftrag der AK im vergangenen Herbst 129 dieser Haushalte (die Rücklaufquote betrug damit etwas unter 20 Prozent) zu ihren Erfahrungen vor und nach der Privatisierung.

Klagen über schlechtere Betreuung

Dabei zeigte sich, dass in fast allen Punkten, die die Aufgaben der (wechselnden) Hausverwaltungen betreffen, massive Verschlechterungen beklagt werden. Der Zustand der Gehwege und der Parkbänke wird heute von wesentlich mehr Bewohnern beanstandet als vor der Privatisierung. 40 Prozent der befragten Haushalte gaben außerdem an, dass seitens der Hausverwaltungen versucht worden sei, im Mietvertrag inkludierte Nutzungsrechte zu ändern. Im Fall von Dachbodenflächen und Pkw-Stellplätzen, die nach der Privatisierung zusätzlich zu bezahlen waren, ist das oft auch passiert, sagte Studienautor Peter Moser vom SRZ.

Auch was Sanierungen betrifft, zeigte die Studie wenig Zufriedenheit unter den Bewohnerinnen und Bewohnern. Es gab etwa einen Rückgang bei den  Instandsetzungen von Stiegenhäusern und Fassaden. Im Gegensatz dazu habe es mehr Dachsanierungen als vorher gegeben. Grund dafür waren Dachausbauten und die Schaffung zusätzlichen Wohnraums.

"Es gibt für die Bewohner deutliche Verschlechterungen", fasste Thomas Ritt, Leiter der AK-Abteilung Kommunalpolitik, die Ergebnisse zusammen. Den "Preis" für die Privatisierung würden deshalb "letztlich die Mieter zahlen: Die Altmieter mit Verschlechterungen beim Wohnumfeld, und die Neumieter mit höheren Mieten."

Mieten legten stark zu - trotz Mietpreisbindung

Was diese höheren Mieten betrifft, ist die Studie allerdings nur bedingt aufschlussreich. Das SRZ erhob die Mieten des Jahres 2012 und sortierte sie nach Abschlussjahren des jeweiligen Mietvertrags. Dabei zeigte sich zwar, dass ein Mieter, der seinen Mietvertrag im Jahr 2012 abgeschlossen hat, um rund 30 Prozent mehr Miete zahlte als ein Mieter, der seinen Vertrag noch vor der Privatisierung abgeschlossen hatte. Schleierhaft ist nur, warum das auch im Teilsegment der historischen Arsenal-Bauten so ist. Diese stammen aus den 1850er-Jahren, sie fallen also unter den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG).

Mieten von mehr als elf Euro je Quadratmeter bei Neuabschlüssen wären wohl ein Fall für die Schlichtungsstelle, liegt doch auch der gültige Lagezuschlag im Arsenal derzeit bei nur 28 Cent je Quadratmeter (siehe Lagezuschlagskarte der Stadt Wien). Mehr wäre dort auch kaum gerechtfertigt, ein direkter U-Bahn-Anschluss (der den Lagezuschlag drastisch erhöhen könnte) soll im Arsenal bekanntlich erst in einigen Jahren kommen, wenn die U2 nach Süden verlängert wird.

"Keine weiteren Privatisierungen"

Insgesamt, also über alle Wohnungsbestände betrachtet, sei das Mietniveau kurz vor der Privatisierung im Schnitt bei 8,53 Euro pro Quadratmeter gelegen. Im Herbst 2012 seien einzelne Wohnungen hingegen bereits für 13,71 Euro angeboten worden.

Ritt forderte mit Verweis auf die Studienergebnisse, dass es zu keinen weiteren Wohnungsprivatisierungen kommen dürfe. Eine Forderung, die wohl zumindest was die Wiener Gemeindebauten betrifft, leicht zu erfüllen ist. Die 220.000 Wiener Gemeindebauwohnungen mit einem (eher konservativ geschätzten) Wert von jenseits der zwölf Milliarden Euro werden auf absehbare Zeit kaum verkauft werden - egal wie die Wienerinnen und Wiener in der die Frage 3 der Wiener Volksbefragung abstimmen werden.

Schwere Bombenschäden

Der Arsenal-Komplex wurde zwischen 1849 und 1856 errichtet, nachdem das Zeughaus in der Wipplingerstraße in der Innenstadt im Zuge der Märzrevolution von 1848 erstürmt worden war. Beteiligte Architekten waren unter anderem Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg, die wenige Jahre später auch die Wiener Staatsoper planten. 1891 wurde das Heeresgeschichtliche Museum fertiggestellt.

1945 gab es in der Anlage schwere Schäden durch Bombentreffer. In den späteren Jahrzehnten kam es zu mehreren Neubauten im Innenhof; eine Werkstätte der Bundestheater und das heutige Technologiezentrum der Telekom Austria sind die markantesten davon. Heute befinden sich in dem Areal auch das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und zwei Probebühnen für Burgtheater und Staatsoper. (Martin Putschögl, derStandard.at, 7.3.2013)