Brüssel - Es ist eines der Prestigeprojekte der für Justiz und Grundrechte zuständigen Kommissarin Viviane Reding: eine EU-weit geltende Regelung, die verbindliche Quoten für Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen von großen Konzernen vorschreibt. Bis zum Auslaufen der Legislaturperiode nach den Europawahlen 2014 will sie eine Richtlinie im EU-Parlament über die Bühne bringen.

Seit Mittwoch scheint das eher illusorisch zu sein. Die deutsche Bundesregierung bestätigte offiziell Meldungen, wonach sie das verhindern will. Quoten müssten, wenn überhaupt, auf nationaler Entscheidungsebene verbleiben.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte, sie vertrete persönlich einen anderen Standpunkt, sei aber im Kabinett in der Minderheit, "die Mehrheitsposition hat sich durchgesetzt". In der Praxis bedeutet das, dass die deutsche Regierung im Rat der Mitgliedsländer ab sofort Stimmung macht gegen den Reding-Plan, der vom EU-Parlament mehrheitlich unterstützt wird.

Der Frauenanteil in Aufsichtsräten der großen europäischen Konzerne soll bis 2020 bei 40 Prozent liegen, als Zielsetzung auch in den operativen Bereichen.

Die österreichische EU-Abgeordnete Evelyne Regner (SP) aus dem zuständigen Parlamentsausschuss betonte Mittwoch in Brüssel, dass man nun dennoch die Gespräche intensivieren werde. Eine Konfrontation mit dem Rat oder sogar ein Beschluss gegen die Mitgliedsstaaten wäre kontraproduktiv. Man müsse vielmehr in den Vordergrund stellen, dass die stärkere Einbindung von Frauen in die Führung ein Vorteil für Unternehmen sei.

Auch Reding will sich weiter für einen "angemessenen Vorschlag" einsetzen, wie ihre Sprecherin in Brüssel betonte. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 7.3.2013)