Ein bisschen wild, ein bisschen mild: Toyota verleiht dem neuen RAV4 die aktuelle Designsprache. Nachteil bei der Parkplatzsuche: 21 cm Längenzuwachs

Mitte der 1990er-Jahre, etliche japanische Hersteller schlitterten gerade in die (Beinahe-)Pleite, da traute sich Toyota was. Ein Auto wie ein Zwergbuckelwal, in gleich zwei Ausführungen, einmal 3,69, einmal 4,12 m lang, ja was war denn das?

Foto: toyota

Ähnlich unkonventionell und verspielt brach das Vehikel weiland mit den traditionellen Sehmustern wie heutzutage ein Nissan Juke. Die Friseusen waren begeistert, und nicht nur die: Das Fahrzeug legte den Grundstein für einen durchschlagenden Toyota-Markterfolg - und eine komplett neue Gattung Automobil, die sich heute Kompakt-SUV nennt.

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Die nach Ansicht etlicher Fachleute bisher gelungenste Version des RAV4, denn von dem ist hier die Rede, war die zweite Generation. Rank, schlank und plötzlich auch noch fesch, das richtige Auto für das neue Jahrtausend und folgerichtig ein Bestseller allererster Güte, was auch daran lag, dass die Europäer erst langsam aus der Schockstarre erwachten und dem Trendsetter eigene Themeninterpretationen gegenüberstellten.

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Die Rezeptur lautet: Mehr ist mehr. Gegenüber dem 3er legte der 4er um gleich 21 cm in der Länge zu, auf 4,57 m, das ist ein enormer Sprung, und der liefert die Voraussetzung für ein ganz und gar neues, großzügiges Raumgefühl, wie DER STANDARD bei der internationalen Fahrpräsentation in Katalonien feststellen konnte.

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Speziell der momentane Kompakt-SUV-Platzhirsch in Europa, der VW Tiguan (4,43 m), wirkt dagegen eine gute Ecke kleiner, bescheidener - doch die Wolfsburger planen in nächster Generation gleich drei Ableger, darunter eine Fünf-Meter-Lulatsch-Version. Toyota verfolgt keine vergleichbaren Pläne, die zwei Radstände (3- und 5-Türer) hat man schon mit der dritten Generation aufgegeben zugunsten einer einzigen.

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Die gibt es in bewährter Manier aber wieder mit Frontantrieb und Allrad, Österreich-Importeur Toyota Frey rechnet mit 70 Prozent 4WD-Anteil, und wer zum 2WD greift, muss nicht viel über Motorisierung nachdenken: den gibt es nur mit dem schwächeren der beiden Selbstzünder.

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Dessen 124 PS sind jedoch ähnlich ausreichend wie die 150 Diesel-PS für den Allradler, weil die sich auch durch ca. 80 kg Leergewicht unterscheiden. Der zudem erhältliche 151-PS-Otto passt auch nicht übel, sofern man keine übertrieben draufgängerischen Ansprüche stellt, er wird allerdings eher ein Minderheitenprogramm bleiben.

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Verbrauchsseitig, betont Toyota, sei man elf Prozent sparsamer und also bestens aufgestellt, der Allrad-Diesel etwa verbraucht nur 5,6 l / 100 km im Normtest. Ja, und Hybrid, frägt man beim Pionier nach, wie sieht's denn da aus? Momentan nicht geplant, aber "wir halten an der angekündigten Strategie der Hybridisierung der gesamten Toyota-Palette fest". Heißt genau: irgendwann ...

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Der RAV4 hinterlässt bei Handling und Fahrwerk einen soliden Eindruck (nur bei kurzen Wellen wirkt er etwas ruppig), viel mehr auf der komfortablen Seite als der neuerdingsige japanische Hauptkonkurrent Mazda CX-5, der auf straff und sportiv setzt. Toyotas Philosophie lässt sich in dem Punkt (und beim Design) am ehesten mit "ein bisschen wild, ein bisschen mild" charakterisieren.

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Gegenüber dem pummeligen Vorgänger hat er jedenfalls deutlich an Markanz gewonnen, und weil er nicht nur eine Spanne länger, sondern auch 2,5 cm flacher ist, wirkt er fast wieder so schlank wie die in Europa so begeisternde zweite Generation.

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Nur ist der neue RAV4 eben deutlich mehr Auto, und damit ist er endgültig erwachsen und seriös geworden. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 1.3.2013)

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