Wien - Die Flüchtlinge in der Wiener Votivkirche müssen künftig auf einen ihrer Sprecher verzichten. Der Pakistaner, der sich seit Beginn der Protestaktion in mehreren Pressekonferenzen als Sprachrohr der Asylsuchenden präsentiert hatte, wurde vor der Kirche bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle festgenommen. Gegen einen Unterstützer der Flüchtlinge wurde Anzeige erstattet. Er war mit der Polizei aneinandergeraten.

Bei dem Flüchtlingssprecher dürfte nach APA-Informationen ein rechtskräftig negativer Asylbescheid vorliegen. Der junge Mann wurde deshalb in Schubhaft genommen.

Polizei zog nach zwei Stunden ab

Zu einer weiteren Eskalation kam es nach Angaben von Augenzeugen nicht, obwohl sich rund 100 Unterstützer bei der Kirche eingefunden hatten. Die uniformierte Polizei zog nach rund zwei Stunden ab.

Verärgert reagierte der Wiener Grünen-Mandatar Klaus Werner-Lobo. Gerade jetzt seien Gespräche im Gang gewesen seien, die in Richtung einer Lösung gegangen wären, sagte er. Der Festgenommene sei in diese Gespräche eingebunden gewesen, das sei eine unverständliche Eskalation.

"Refugee Camp" empört über Anzeige

Das "Refugee Camp" vor der Votivkirche reagierte empört auf die Anzeige gegen einen Aktivisten. Es habe mit Sicherheit keine Körperverletzung gegen einen Polizisten gegeben, wie das von der Exekutive zunächst dargestellt worden war. Dass der Unterstützer angezeigt wurde, interpretierte ein Sprecher der Aktivisten als Versuch, den Protest zu kriminalisieren.

Jene Flüchtlinge, die sich noch in der Votivkirche befinden, dürfen jedenfalls weiter auf den Schutz der Kirche vertrauen. Bischofsvikar Dariusz Schutzki habe bereits klargestellt, dass kein Eingreifen der Polizei in der Votivkirche nötig sei, sagte ein Sprecher der Wiener Caritas. 

Kritik von SOS Mitmensch

Auch die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch kritisierte die Verhaftung des Flüchtlings und sprach von "Jagdszenen rund um die Votivkirche". "Die Flüchtlinge wollen nichts anderes, als an einem sicheren Ort ein normales Leben führen. Doch anstatt ihnen Normalität zu ermöglichen, werde Österreich für sie zu einem unsicheren Ort gemacht, an dem sie jederzeit mit staatlicher Gewalt rechnen müssen. Das ist ein Armutszeugnis für die verantwortliche Politik", erklärte SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak in einer Aussendung in der Nacht auf Freitag. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) solle "den Weg der Eskalation wieder verlassen". (APA/red, derStandard.at, 28.2./1.3.2013)