"Die Anime- und Manga-Szene wächst in Österreich stetig", erzählt Renate Zorn, Pressesprecherin und Initiatorin der "Japancity", Österreichs zweitgrößter Anime- und Manga-Convention, die am vergangenen Wochenende im Schloss Neugebäude in Wien-Simmering stattfand. Dadurch steige auch das Bedürfnis nach Veranstaltungen, auf denen man sich treffen und austauschen, die größtenteils selbst erstellten Kostüme vorführen und an Wettbewerben teilnehmen kann.

"In Österreich gibt es viel zu wenige Möglichkeiten für die Fans, all das zu tun", sagt Zorn. Deshalb entschied sie sich im vergangenen Jahr, neben der AniNite, der größten Anime- und Manga-Convention Österreichs, noch eine weitere zu veranstalten. Der rege Andrang gibt ihr recht, heuer waren wieder mehr als 1.000 Besucher dabei.

Mangas und Animes sind für jedes Alter

"Im ostasiatischen Raum gehören Mangas und Animes zum Alltag", sagt der gebürtige Chinese Chang Xue, der die diesjährige Japancity-Convention organisierte. Wenn man in Japan mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sei, falle einem sofort auf, dass Personen aller Altersgruppen Mangas konsumieren. "Was ja wenig verwunderlich ist, da Mangas so ziemlich alle Interessenspektren abdecken", sagt der 25-jährige Architekturstudent. Zwar gebe es in Österreich weiterhin das Vorurteil, Animes und Mangas seien bloß etwas für Kinder. Wer sich aber intensiver mit ihnen auseinandersetze, bemerke sofort, "wie breit das Angebot eigentlich ist".

Für jeden etwas dabei

"Bei einer Anime- und Manga-Convention gibt es viele verschiedene Schwerpunkte", erklärt Xue. Die Community sei in ihren Interessen so unterschiedlich, dass auch die Angebote auf einer Convention all diesen Bedürfnissen entsprechen müssen. Für Unterhaltung sorgten diesmal zwei Theaterstücke, zwei Tanzvorführungen, ein Auftritt der Gothic-Lolita-Metal-Band "Lolita KompleX" und eine Darbietung des österreichischen Chiptunes-Musikers Markus Schrodt.

Die Gäste wurden auch angehalten, selbst aktiv zu werden: Sie konnte an zahlreichen Wettbewerben wie Cosplays, einem Fanfiction-Wettbewerb, einem Anime-Music-Video-Wettbewerb, einem Soundquiz und einem Turnier des japanischen Sammelkartenspiels Weiß/Schwarz teilnehmen. Die Besucher bekamen außerdem Gelegenheit, sich mit diversen ostasiatischen Gesellschaftsspielen bekannt zu machen. An den zahlreichen Verkaufsständen konnte man sich zudem mit den neuesten Artikeln aus der Anime- und Manga-Szene versorgen.

Aktive Jugend

Am meisten freut Renate Zorn an der Anime- und Manga-Community, dass die Szene sehr aktiv sei. Der österreichischen Jugend werde noch immer nachgesagt, dass alle nur faul vor Konsolen, PCs oder Fernsehern säßen. "Bei der Anime- und Manga-Szene ist genau das Gegenteil der Fall", sagt Zorn. Nicht nur werde in der Szene sehr viel gelesen, vor allem die Kreativität der Jugendlichen werde angeregt. Das zeige sich etwa bei den zahlreichen selbst gemachten Kostümen, im Schreiben und Zeichnen eigener Mangas, bei der Erstellung von Anime-Music-Videos, dem Inszenieren selbst geschriebener Theaterstücke wie auch dem Wunsch, sich immer wieder mit anderen Anime- und Manga-Fans zu treffen.

An den Conventions gefalle ihr, dass "Alkohol und Drogen keine Rolle spielen", sagt Zorn. "Die Leute kommen nicht hierher, um sich zu besaufen."

Horizonterweiterung

"Eine Convention ist für jeden in vielerlei Hinsicht eine Horizonterweiterung", meint Chang Xue. "Man wird immer wieder angeregt, Neues zu versuchen." Generell sei die Szene sehr offen und man könne leicht Anschluss finden, da die Toleranz gegenüber dem Anderssein in der Szene oberstes Credo sei.

Das Flying Sushi Theatre mit seinem Stück "Sasuke Uchiha und der Stein der Waisen" eröffnete das Convention-Programm. Das selbst geschriebene und beeindruckend gespielte Theaterstück verbindet auf eine sehr geistreiche Art und Weise den berühmten Manga/Anime "Naruto" mit dem ersten Band der Harry-Potter-Reihe. Die vorwiegend aus Studenten bestehende Manga-, Anime-, Viedeospiel-Theatergruppe arbeitet schon fleißig an ihrem neuen Programm, "welches Elemente aus dem Manga 'Fairly Tail' und der 'Ilias' enthalten wird", wie die 25-jährige Maria, Gruppenleiterin und Studentin der Medientheorie, erzählte.

Foto: Siniša Puktalović

Die Wiener Gothic-Lolita-Methal-Band mit dem klingenden und provokativen Namen Lolita KompleX verzauberte die Convention-Besucher mit einer unterhaltsamen Show: einem Mix aus Konzert und Kabarett. Die Sängerin der Viusal-Kei Band, die 21-jährige, Studentin der Transkulturellen Kommunikation, Nana wies darauf hin, dass die Lolita-Mode, die sie selbst trage, nicht in der Nabokov'schen Konnotation verstanden werde solle. "Die Lolita-Mode ist eine sehr feministische Mode, die das niedliche und süße betont und nicht versucht sexy zu sein“, so Nana.   

Foto: Siniša Puktalović

"Ouran Highschool Host Club" (benannt nach dem gleichnamigen Manga/Anime) heißt das Theaterstück der Showtanz-Gruppe Back on Stage Onigiri. In dieser modernen und kritischen "Cinderella-Story” werden die Dekadenz und die Süffisanz der Oberschicht persifliert.

Foto: Siniša Puktalović

Der österreichische Chiptunes-Musiker Markus Schrodt verblüffte mit seinen kreativen Beats. Er ist überall aufgetreten, unter anderem auch in New York. Die Chiptunes-Musikrichtung, bei der die Sounds mit Soundchips  von alten Computern (Comodore 64 und Atari) und Konsolen erzeugt werden, "kriegt in Österreich leider zu wenig Beachtung", sagt der 30-jährige Toningenieurstudent. In den USA seien Künstler wie Sabrepulse oder Nullsleep  richtige Stars und füllen ganze Hallen. "In Österreich ist man leider noch weit davon entfernt", so Schrodt. In Ungarn beispielsweise sei die Szene viel größer und erfreue sich einer größeren Publicity. 

Foto: Siniša Puktalović

Bei der Convention traten auch zwei Tanzgruppen auf. Zum einen die JKC-Dansu TV Tanzgruppe, die japanische, koreanische und chinesische Tanzchoreographien vorführten und zum anderen, die im Bild zu sehende Tanzgruppe d00m. Diese  brillierte mit Dance-Covers diverser K-Pop Gruppen; im Hintergrund liefen zudem eigens kreierte Musikvideos ihrer Lieblings K-Pop Songs.

Foto: Siniša Puktalović

Auch an zahlreichen Wettbewerben konnte man auf der Anime-Convention teilnehmen. Neben einem FanFiction-Wettbewerb und einem Anime-Video-Music-Wettbewerb  gab es auch die so genannten Cosplay-Wettbewerbe. Cosplay steht für Costume Play; bei diesem Wettbewerb schlüpfen die Fans in die Rolle ihrer Lieblingsfiguren aus Animes, Mangas oder Videospielen und mimen diese nach. Im Bild ist eine Inszenierung aus dem Spiel "The Secret World" zu sehen.

Foto: Siniša Puktalović

Beim Soundquiz mussten die Teilnehmer in Dreier-Teams entweder die Animeopenings oder die Animeendings erraten. Eine Aufgabe, die sich als ziemlich schwer erwies.

Foto: Siniša Puktalović

Die Cosplay-Wettbewerbe und der Soundquiz wurden von einer Jury überwacht und bewertet. Die Jury bestand (v. li.) aus der 19-jährigen Modestudentin Fiona, der 24-jährigen Lehramtstudentin Katharina und der 22-jährigen Konditorin Faye.

Foto: Siniša Puktalović

Bei der Weiß/Schwarz Battle Royal (dem berühmten japanischen Sammelkartenspiel) konnten die ersten drei Plätze Spielzubehör gewinnen.

Foto: Siniša Puktalović

Die Convention bot auch die Möglichkeit zahlreiche ostasiatische Gesellschaftsspiele kennenzulernen. Von Shogi (einer japanischen Schachvariante) bis hin zu Mahjong (im Bild). Wer Interesse hat mal zahlreiche ostasiatische Gesellschaftsspiele außerhalb einer Convention oder abseits des Computers auszuprobieren, der ist herzlich eingeladen beim Verein für Japanische Spielkultur "Kasu"  vorbeizuschauen.

Foto: Siniša Puktalović

Um die Sicherheit mussten sich die Convention-Teilnehmer keine Sorgen machen. Das gut bewaffnete Security-Team "sicherte" das Areal sehr gut ab. Es handelt sich natürlich dabei lediglich um phantasievolle Verkleidung, genauso wie bei den folgenden BesucherInnen. (Siniša Puktalović, daStandard.at, 27.2.2013)

Foto: Siniša Puktalović
Foto: Siniša Puktalović
Foto: Siniša Puktalović
Foto: Siniša Puktalović
Foto: Siniša Puktalović
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