Brüssel/Tiflis - Georgien wird sich nach Worten der Vorsitzenden des für die Beziehungen zur EU zuständigen Parlamentsausschusses in Tiflis in Richtung parlamentarische Republik entwickeln und die Befugnisse des Staatspräsidenten beschneiden. Die Politikerin der Regierungskoalition Georgischer Traum, Tinatin Khidasheli, warnte am Dienstag in Brüssel im Gespräch mit internationalen Medien, Staatspräsident Michail Saakaschwili habe noch immer unbeschränkte Vollmachten, die es ansonsten nur in Turkmenistan gebe.

So könne der Präsident nach der 2004 geänderten Verfassung etwa eine Regierung für unbestimmte Zeit ohne Billigung des Parlaments ernennen. "Das ruiniert die gesamte Idee der Gewaltentrennung", sagte die georgische Abgeordnete, die sich zu Gesprächen mit Europaabgeordneten in Brüssel aufhielt. In den vergangenen neun Jahren habe Saakaschwili diese Vollmachten allerdings nicht nutzen müssen.

"Bombe, die jederzeit explodieren kann"

In der derzeitigen Konstellation mit Premierminister Bidsina Iwanischwili und dem Präsidenten aus gegnerischen Parteien wäre dies aber denkbar. "Das ist die Bombe, die jederzeit explodieren kann." So könnte Saakaschwili im Sommer die Regierung des Milliardärs Iwanischwili entlassen und die alten Machthaber zurück in die Regierung bringen. Dies würde Georgien in eine große politische Krise stürzen, warnte Khidasheli. Iwanishwili habe dem Präsidenten am heutigen Dienstag in einem Brief mitgeteilt, dass das georgische Parlament im März über eine entsprechende Änderung der Verfassung abstimmen werde.

Im März soll nach Angaben der Politikerin zudem ein Ausschuss für eine breitere Verfassungsreform bestehend aus den Parlamentsparteien, Nicht-Regierungsorganisationen und internationalen Experten einberufen werden. "Das Modell ist klar: Wir bewegen uns in Richtung parlamentarische Republik." Es sei aber ein Konsens nötig. Es müsse ein Gleichgewicht zwischen Legislative und Exekutive sowie die Unabhängigkeit der Justiz gewährleistet sein.

Ein Datum für die nächste Präsidentenwahl im Herbst erwartet Khidasheli frühestens im August. Saakschwili könne kein weiteres Mal mehr antreten, Iwanischwili habe keine Pläne, selbst zu kandidieren, sagte sie. (APA, 26.2.2013)