Wiener Altbauwohnungen haben selten Freiflächen, die Beliebtheitswerte von Neubauwohnungen steigen deshalb an.

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Gerhard Schuster und Michael Ehlmaier zeichneten am Dienstag ein eher düsteres Bild vom Wiener Wohnungsmarkt der nächsten Jahre. Schon derzeit werde viel zu wenig gebaut, um den großen Bedarf an Wohnungen zu decken. "Bis zum Jahr 2015 wird die Angebotslücke höher sein als eine Jahresproduktion", sagte Buwog-Geschäftsführer Schuster anlässlich der Präsentation des brandneuen "Wohnungsmarktberichts" für Wien, den sein Unternehmen gemeinsam mit EHL Immobilien erstellt hat. Und Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter von EHL, hielt mit seiner Einschätzung, wohin das führen werde, nicht hinterm Berg: "Die Preisentwicklung auf dem Wiener Wohnungsmarkt wird auch in den kommenden Jahren weiter nach oben weisen."

Weniger Deals, mehr Volumen

Das mit dem Wohnungsmarktbericht mittransportierte "dringende Signal an die Politik" lautet deshalb: "Wir brauchen mehr Wohnbauförderung, neue Möglichkeiten der Fremdmittel- und Eigenkapitalaufbringung, raschere Widmungsverfahren und auch punktuell weniger Bauvorschriften." Derzeit, so Schuster, lebe man nämlich "mit einer ganzen Reihe von Bestimmungen, die zwar wenig zur Sicherung der Wohnqualität beitragen, aber ordentlich ins Geld gehen und Wohnen unnötig verteuern."

Der schon jetzt vorhandene "starke Nachfrageüberhang" betreffe sowohl Miet- als auch Eigentumswohnungen, die Preise stiegen zuletzt im mittleren Preissegment – das sind Quadratmeterpreise von 3.000 bis 5.500 Euro – am heftigsten, nämlich um mehr als fünf Prozent. Aus diesem Grund stieg auch das finanzielle Volumen der Wiener Eigentums-Deals (Eigennutzer) um fünf Prozent an, obwohl die Anzahl der Transaktionen im vergangenen Jahr um drei Prozent zurückging.

1.200 Euro Monatsmiete als Grenzwert

Nur "begrenztes Potenzial" nach oben sieht Ehlmaier im untersten und im obersten Preissegment. In Ersterem stehe der große Bestand an Gemeindewohnungen höheren Preisanstiegen entgegen, bei Letzterem würden die aktuellen Preise von bis zu 30.000 Euro je Quadratmeter "bereits den Spitzenmieten der meisten europäischen Metropolen entsprechen".

Was Mietwohnungen betrifft, sieht man bei EHL eine Monatsmiete von 1.200 Euro als so etwas wie eine "natürliche Grenze" an. Bis zu diesem Betrag sei die Nachfrage hoch, darüber nur noch "moderat". Ab 2.000 Euro hört sich bei den Mietwohnungen das Geschäft überhaupt fast ganz auf; wer sich eine solche Wohnung leisten kann, kauft sie lieber gleich.

In Quadratmeterpreisen ausgedrückt werden im Qualitätssegment Nettomieten von 11 bis 13 Euro "ohne Weiteres akzeptiert", so Ehlmaier. "Ab etwa 15 Euro wird es aber sehr eng. Über dieser Schwelle liegende Mieten werden in den kommenden Jahren nur bei außergewöhnlicher Lage und Ausstattung erzielbar bleiben."

Freiflächen als Notwendigkeit

Apropos Ausstattung: Generell haben es die Wienerinnen und Wiener immer öfter gerne (frisch-)luftig. Kaum mehr wegzudenken sind für die Wohnungssuchenden nämlich Freiflächen wie Balkon, Terrasse oder Loggia, so Ehlmaier.

Eben deshalb legen auch Neubauwohnungen bei Eigennutzern gegenüber Altbauwohnungen stetig an Beliebtheit zu: Bei Ersteren ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Freifläche vorhanden ist, signifikant höher. Weiters zählen flexible Grundrisse, mehr Pkw-Abstellplätze und auch die energieeffizientere Bauweise zu den mehr und mehr geschätzten Vorteilen von Neubauwohnungen.

Im Nicht-Eigennutzersegment, also etwa bei Käufern von Vorsorgewohnungen (oft auch Anlegerwohnungen genannt), sind Altbauwohnungen aber dennoch weiter begehrt, berichtete Ehlmaier. Und der typische Käufer einer Vorsorgewohnung sei mittlerweile außerdem ein "Wiederholungstäter": "Wer schon eine hat, kauft meist auch eine zweite oder dritte." Dies, obwohl die Renditen leicht rückläufig sind, Ehlmaier erwartet hier ein Einpendeln bei 3,5 bis 4,0 Prozent.

EHL mit Rekordjahr

Der Wohnungsmarktbericht von EHL und Buwog ist online verfügbar, das darin präsentierte Zahlenmaterial ist freilich ein wenig dürftig; Vieles ist bereits bekannt. Ehlmaier und Schuster wollen den Bericht nun jedenfalls regelmäßig erstellen lassen, was dann für die zweite Ausgabe auch die Möglichkeit böte, zu den angeführten Miet- und Eigentumspreisen der einzelnen Bezirke die prozentuale Veränderung im Vorjahresvergleich anzuführen. Immerhin handelt es sich bei den Preisen laut Ehlmaier um keine Angebots-, sondern um tatsächlich erzielte Kaufpreise.

EHL Immobilien feierte kürzlich ein Rekordergebnis im Geschäftsjahr 2012. Der Honorarumsatz konnte gegenüber 2011 um 45 Prozent gesteigert werden, der Jahresumsatz legte auf mehr als 15 Millionen Euro zu. Im Geschäftsfeld Investment wurden Objekte um mehr als 450 Millionen Euro vermittelt, darunter Zinshäuser mit einem Transaktionsvolumen von 160 Millionen Euro. (Martin Putschögl, derStandard.at, 26.2.2013)