Bild nicht mehr verfügbar.

Bei Google wird darauf Wert gelegt, die Mitarbeiter so oft wie möglich zusammenzubringen

Foto: ap

In Technologie-Unternehmen in den USA gibt es einen rückläufigen Trend: Die Arbeit von zuhause zu erledigen wird in manchen Branchen nicht mehr so gern gesehen wie noch vor einigen Jahren. Wie die "New York Times" schreibt, hat Yahoo-Chefin Marissa Mayer die Möglichkeit abgeschafft, ihre Angestellten zuhause arbeiten zu lassen. Stattdessen müssen Mitarbeiter in den Büro-Räumlichkeiten anwesend sein.

So lang wie möglich am Campus bleiben

Der Grund für diese Änderung in der Arbeitskultur mancher Unternehmen ist der Glaube, dass persönliche Kommunikation unter den Mitarbeitern den Gemeinschaftsgeist fördert. Etwas, dass sich Mayer definitiv von Google abgeschaut hat, wo sie jahrelang Mitarbeiterin war. Googles Ansatz ist es, den Mitarbeitern so viel wie möglich am Campus zu bieten, um die Leute so lange wie möglich an ihren Arbeitsplätzen zu behalten. Google und Facebook erlauben es Mitarbeitern nur in Ausnahmesituationen, von zuhause aus zu arbeiten. Sie forcieren die gemeinschaftliche Arbeit in den Büros und wollen damit Innovation und Teamgeist antreiben.

Der Kaffeeplausch

Kostenloses Essen, kostenloser Transport, Fitness-Räume, Eisdielen oder Wäschereien gehören zum Alltag großer Tech-Konzerne, die ihren Mitarbeitern das Leben so angenehm wie möglich machen möchten – zum Vorteil des Unternehmens. Wer zufällig andere Mitarbeiter trifft oder in der Küche beim Kaffeemachen andere trifft, wird eher auf gemeinsame Ideen kommen als in seinen eigenen vier Wänden.

Flexible Arbeitsbedingungen

Die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten, steigere zwar die Produktivität, die Innovationskraft würde dadurch aber sinken. Nicht nur Tech-Unternehmen sehen das so. Auch die Finanzbranche will Telework nicht mehr in dem Ausmaß zulassen, wie es einst noch üblich war. Die Bank of America war eine der ersten, die es im Vorjahr laut "New York Times" wieder eingeführt hat, Mitarbeiter ins Büro zurück zu schicken. Diese Änderung missfällt aber vor allem jungen Mitarbeitern, die an flexiblen Arbeitsbedingungen interessiert sind.

Innovation durch Interaktion

John Challenger, CEO eines Coaching-Unternehmens, meint, dass viele Firmen Angst haben, durch die Telearbeit ihrer Mitarbeiter Kontrolle zu verlieren. Zwar gebe es Studien, dass das Arbeiten von zuhause die Produktivität stark steigert, was aber darunter zu leiden hat, ist die Innovation. Wer Innovation will, so Challenger, braucht Interaktion.

Kritik an Mayer

Kritisiert an Mayers Schritt wird allem, dass es besonders Frauen mit Kindern massiv erschwert wird, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen – und das, so die Kritiker, obwohl Mayer selbst erst vor kurzem Mutter geworden ist. Aber auch Männer, von denen nahezu der gleiche Teleworking-Anteil vorhanden ist wie bei Frauen, sehen flexible Arbeitsmöglichkeiten gerne. 24 Prozent aller Amerikaner arbeiten zumindest einige Stunden pro Woche in ihren eigenen Gemächern. Sogar während der Wirtschaftskrise stieg die Anzahl der Unternehmen, die Telearbeit zulassen, um 12 Prozent in den Vereinigten Staaten. Doch auch bei Yahoo ist man sich einig: "Die besten Entscheidungen und Ideen entstehen bei zufälligen Begegnungen am Gang oder in Diskussionen in der Cafeteria".

Sichere Verbindungen

Auch andere Unternehmen wagen diesen Schritt: Besonders in der Finanz- und Gesundheitsbranche, wo mit sensiblen Informationen gearbeitet wird, sieht man Telearbeit nicht mehr als Allheilmittel, auch wenn Firmen wie Aetna ihren Mitarbeitern sichere Internet- und Telefonverbindungen anbieten.

Kommunikation

Wie sich dieser Schritt der Abschaffung der Tele-Arbeit auf die Unternehmen und die dort vorherrschende Kultur auswirken wird, bleibt abzuwarten. Die retrograde Entwicklung könnte aber auf Dauer besonders in größeren Teams zu einer Verbesserung der Kommunikation innerhalb von Arbeitsgruppen und Abteilungen führen.

Arbeitsmittel vom Arbeitgeber

In Österreich gibt es für Arbeitgeber einen Leitfaden und europäische Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Tele-Arbeit. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist diese Art der Remote-Arbeit aber völlig freiwillig. Jeder Arbeitnehmer kann und darf auf einen eigenen Arbeitsplatz bestehen. Überwachungssysteme zur Überprüfung der Arbeit sind dabei, sofern sie die Privatsphäre verletzten könnten, nicht erlaubt. Die dazu notwendigen Arbeitsmittel muss der Arbeitgeber zur Verfügung stellen.

Unternehmenskultur

Eine bereits ältere Erhebung des Bundesministeriums für Arbeit hat ergeben, dass sich Arbeitnehmer zunehmend Flexibilität und Mobilität erwarten. Als Vorteile werden vor allem die Einsparungen bei Standortkosten für die Unternehmer und Einsparung bei den Fahrtkosten für den Arbeitnehmer angesehen. Als eines der Hauptprobleme wird auch in Österreich der Datenschutz angesehen. Zwar wird von den Arbeitnehmern die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten, als innovativ angesehen, die Unternehmenskultur muss es aber nicht unbedingt fördern, auch, wenn jeder für sich produktiv ist.

Innovation

Erschwert wird in erster Linie die Zusammenarbeit an größeren Projekten oder Ideen, die nur in einem Team entstehen können. Technologien wie Instant Messaging oder Videochats erleichtern solche Abläufe zwar, wenn man nicht anwesend sein kann, mühsamer ist es aber für alle Beteiligten. Das soziale Umfeld in einem Unternehmen, das die Kultur maßgeblich fördert und prägt, kann also nur aufrechterhalten werden, wenn man sich im Büro blicken lässt. Sei es, um zu sehen, woran die anderen gerade arbeiten oder einfach nur, um mit jemandem zu plaudern. Denn nur so, dessen sind sich auch die Tech-Konzerne sicher, kann gemeinsam geschaffene Innovation stehen. (red, derStandard.at, 26.2.2013)