Washington - Der vom afghanischen Präsidenten Hamid Karzai verlangte Abzug von US-Spezialeinheiten aus der Unruheprovinz Wardak hat das Verteidigungsministerium in Washington völlig unvorbereitet getroffen. Karzai habe das US-Militär über seine Anordnung nicht vorab informiert, hieß es am Montag aus Regierungskreisen in Washington. Auch über die Hintergründe von Karzais Äußerungen wurde in den USA gerätselt. "Wir wissen von keinem Vorfall, der diese Art von Reaktion auslösen würde", sagte ein US-Vertreter.

Karzai hatte am Sonntag erklären lassen, dass die US-Truppen binnen zwei Wochen die an Kabul angrenzende Provinz verlassen müssten. Der afghanische Staatschef warf den US-Truppen und von ihnen gegründeten "illegalen bewaffneten Gruppierungen" vor, die dortige Bevölkerung zu schikanieren. Mehrere Einwohner der Provinz sollen sich demnach bei der Regierung in Kabul über willkürliche Festnahmen und Hausdurchsuchungen beschwert haben.

"Spekulationen verfrüht"

Das Pentagon bestätigte, dass die NATO und die afghanischen Behörden am Wochenende eine gemeinsame Untersuchung der Vorwürfe eingeleitet hätten. "Wir versuchen, von der afghanischen Regierung Klarheit zu bekommen", sagte Sprecher George Little. Auf die Frage, ob die USA ihre Spezialeinheiten aus Wardak abziehen würden, sagte Little: "Es ist verfrüht, darüber zu spekulieren, was das Ergebnis unserer Diskussionen sein wird."

In Wardak haben die afghanischen Sicherheitskräfte große Schwierigkeiten, die Oberhand über die radikalislamischen Taliban-Rebellen zu gewinnen. Militär-Transporte nach Kandahar und in die südlichen Provinzen werden dadurch erheblich erschwert.

Weniger als zwei Jahre vor dem Abzug der US-geführten NATO-Kampftruppen aus Afghanistan nehmen die Spannungen zwischen Kabul und Washington erkennbar zu. Zuletzt hatte Karzai Mitte Februar verfügt, dass die afghanische Armee künftig keine Luftangriffe der NATO mehr anfordern darf, nachdem bei einem solchen Angriff mehrere Frauen und Kinder getötet worden waren. (APA, 25.2.2013)