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Christoph Waltz. 

Foto: ap/Vince Bucci

Der Weltruhm von Christoph Waltz gründet auf einem Akt von Blasphemie. In Inglourious Basterds von Quentin Tarantino missbrauchte er eine Mehlspeise als Aschenbecher. Das ist für einen Wiener ungefähr so skandalös, als würde jemand in Tokio Ketchup zum Sashimi reichen. Zugleich liegt in der Geste aber eben auch ein Moment sinistrer Poesie. Und "Poesie", das ist jene im Kino rare Qualität, für die Christoph Waltz sich in der Nacht auf Montag bei Quentin Tarantino bedankte.

Zum zweiten Mal konnte der österreichische Schauspieler einen Oscar in Empfang nehmen, zum zweiten Mal für eine Rolle in einem Film des größten Nerds des US-Kinos. Waltz und Tarantino, das ist ein neues Traumpaar, und wie so oft beruht es auf Gegensätzen. Der kultivierte Mitteleuropäer hat dabei die dankbare Aufgabe, den Witz des nicht immer subtilen Spezls zu verfeinern. So kann Waltz, der in Django Unchained in einem Pferdewagen durch den Wilden Westen zieht, immer noch in Erinnerung halten, dass er von ganz woanders herkommt.

In seinem Fall ja tatsächlich mehrfach aus Wien. Er wurde 1956 da geboren, Schuljahre im Theresianum, Schauspielstudium am Reinhardt-Seminar, beide Eltern gehörten der Welt des Theaters an. Ein Milieu also, nicht unähnlich dem, aus dem auch Michael Haneke stammt, zu dem es übrigens sogar weitschichtige (heute würde man sagen: Patchwork-)Verwandtschaft gibt.

1981 trat Waltz in ei nem Schlüsselwerk des neuen österreichischen Kinos auf: Kopfstand erzählte davon, wie ein junger Mann in die Mühlen der Psychiatrie gerät. Für Waltz begann eine typische Karriere zwischen Bühne und Fernsehen, in deren Verlauf er seinen Rollen zunehmend mehr Profil zu geben vermochte. 1996 spielte er mit Du bist nicht allein – Die Roy Black Story zum ersten Mal eine weithin wahrgenommene Hauptrolle.

Dem ganz großen Durchbruch stand vielleicht damals ein gewisses Understatement entgegen, also just das, was Tarantino in den Dienst einer profunden Schurkenrolle stellte. Inzwischen lebt Waltz Teile des Jahres in Los Angeles und – mit zweiter Ehefrau Judit und einem gemeinsamen Kind – in Berlin. Eine Aufregung um seine Staatsbürgerschaft wurde 2010 mit der Verleihung der österreichischen beigelegt. Als Schauspieler weiß Waltz gut genug: Nationalität ist eine gewisse Färbung der Sprache. In seinem Fall müsste man von Wiener Weltbürgertum sprechen. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 26.2.2013)