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Harald Rodlauer sagt: "Der Trainer muss immer auf den Athleten eingehen." In seinem Fall sind es Athletinnen.

Foto: APA/FEICHTER

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Die erst 15-jährige Chiara Hölzl trug ein Viertel zur Silbernen bei. Dass sie die Aufgabe bravourös meistert, war ihrem Trainer klar. "Die Entwicklung ist rasant. Man muss sehr gut springen, um auf das Podest zu kommen."

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Predazzo - Harald Rodlauer (46) ist ein gesprächiger Mann, hat aber ein ehernes Prinzip, das ihm die Arbeit mit Österreichs Skispringerinnen ungemein erleichtert: "Nicht der Athlet muss auf den Trainer eingehen, der Trainer muss auf den Athleten eingehen." Oder eben auf die Athletin.

Verinnerlicht hat Rodlauer das als Chefcoach der italienischen Kombinierer und da vor allem im Umgang mit Alessandro Pittin. Der Steirer führte den Friulaner aus Tolmezzo, ohne mit ihm je ein richtiges Gespräch geführt zu haben, zu drei Weltcupsiegen und zu olympischem Bronze in Vancouver. "Pittin hat monatelang nicht geredet, er hat maximal genickt, wenn ich ihm etwas gesagt habe. Aber er hat sich ständig verbessert. Ich bin angekommen."

In Predazzo sind Rodlauers Erinnerungen an sein Wirken vor dem Wechsel zum österreichischen Skiverband (ÖSV) besonders lebendig, "weil ich mit den Italienern hier die meisten Trainingskurse hatte. Ich glaube, ich kenne jede Straße, die herführt." Aus Traboch in der Steiermark kommt der Ex-Skispringer Rodlauer, der als bestes Weltcupergebnis einen neunten Platz bei der Vierschanzentournee 1986/87 in Oberstdorf zu Buche stehen hat.

In Eisenerz wirkte Rodlauer als Nachwuchstrainer. Ein Mädchen namens Daniela Iraschko war besonders gelehrig. Wegen ihr kehrte Rodlauer Italien den Rücken, um Trainer der ÖSV-Springerinnen zu werden. Die ersetzen ihm die finanziellen Einbußen mit Erfolgen. 2011 wurde Iraschko Weltmeisterin, in Predazzo holte Jacqueline Seifriedsberger in verletzungsbedingter Abwesenheit der 29-jährigen Titelverteidigerin Bronze im Einzel. Im ersten WM-Mixed-Bewerb trugen die 22-jährige Oberösterreicherin und die erst 15-jährige Salzburgerin Chiara Hölzl ihren Teil zum Gewinn der Silbermedaille bei.

Natürlich geht Rodlauer, auf die Erfolge seiner Sportlerinnen angesprochen, das Herz auf. Entscheidend für ihn sei aber die persönliche Entwicklung der Medaillensammlerinnen. Seifriedsberger sei im Gegensatz zur extrem kommunikativen und selbstbewussten Iraschko quasi ein Pittin gewesen, "aber sie hat sich gemausert und hat auch an Selbstvertrauen gewonnen".

Rodlauer hat mit Tricks nachgeholfen. So bat er im Vorjahr beim Heimweltcup in Hinzenbach das ORF-Team darum, neben Iraschko auch Seifriedsberger zu interviewen. "Ich habe ihr nichts gesagt. Es war eine Trainingsmaßnahme." Dass die Springerin vom SC Waldzell, dem Verein von Andreas Goldberger, im Weltcup und aktuell im Val di Fiemme Iraschko wie selbstverständlich als Teamleaderin vertritt, ist Rodlauer eine Genugtuung.

Kein Zufall

Dass Hölzl, seit Sonntag Österreichs bisher jüngste nordische Medaillengewinnerin, ihren ersten WM-Einsatz bravourös meistern würde, war dem Trainer klar. "Sie war ja bei der Junioren-WM 13. Und da waren Sarah Hendrickson und Sara Takanashi auch dabei" - also die neue Weltmeisterin aus den USA und deren Vize aus Japan, die im Mixed überragend sprang und also Gold holte.

Dass die Klassements der Junioren-WM und der WM viele Parallelen aufweisen, ist der Jugend des Sports geschuldet, der im März seine zweite Weltcupsaison einer Erledigung zuführt. "Die Entwicklung ist aber rasant", sagt Rodlauer. "Sie müssen heute schon sehr gut springen, um auf das Podest zu kommen."

Dass es im Zirkus zwar einige Physiotherapeutinnen, aber noch keine einzige Trainerin gibt, führt Rodlauer ebenfalls auf die Jugend der Protagonistinnen zurück. "Es kommen erst jetzt einige Springerinnen in das Alter, in dem sie Trainerin werden könnten. Iraschko ist so eine. Das Rad hat sich noch nicht fertig gedreht."

Zumindest in die richtige Richtung dreht sich das Rad insofern, als die Damen 2014 erstmals auch olympisch springen. In Sotschi hätte Rodlauer auch als Cheftrainer der russischen Herren dabei sein können, ein gewiss lukrativer Job. Aber der teilkarenzierte Polizist des Postens Niklasdorf bei Leoben neigt dazu, seinen im April auslaufenden Vertrag zu verlängern, "wenn mir einige administrative Dinge abgenommen werden, wie es für die meisten ÖSV-Trainer selbstverständlich ist". Der Vater einer 24-jährigen Tochter will bleiben, bis die erste Umdrehung abgeschlossen ist. (Sigi Lützow, DER STANDARD, 26.2.2013)