Bild nicht mehr verfügbar.

Tandem-Fahren: Für Clemens J. Setz eine Schule des Beobachtens.

Foto: apa/spata

Eine Fahrt mit dem Tandem, sagt Clemens J. Setz, "bringt mehr als jede Paartherapie. Auf lange Sicht ist ein Tandem darüber hinaus auch günstiger und gesünder. Und in jedem Fall unterhaltsamer." Schließlich, meint der Grazer Autor, "kann man beim Tandemfahren nicht lügen: Wenn da einer aufhört, seinen Part zu tun, merkt das der andere sofort. Auf dem Tandem kann man sich auch nicht rausreden. Gleichzeitig lernt man aber auch, dem Partner zu vertrauen."

Doch es ist nicht nur die Ehrlichkeit des Zweierzweirads, die den gefeierten (Jung-)Schriftsteller freut. Der 31-jährige Setz fand sich in den vergangenen Jahren immer wieder auf den Short- und Favoritenlisten wichtiger Preise der Literaturszene. In seinen meist verstörend-düsteren Romanen nehmen seltsame Krankheiten meist zentrale Rollen ein - und Krankheiten, erklärt Setz, hätten "schon auch etwas" mit seiner Tandemexpertise zu tun: "Meine Freundin hat ein Augenleiden. Das macht es ihr unmöglich, selbst allein mit dem Fahrrad zu fahren. Aber sie liebt das Gefühl, mit dem Rad unterwegs zu sein."

Unendliche Erweiterung

Das Tandem stellt für das Grazer Paar deshalb eine (gefühlt) unendliche Erweiterung des gemeinsamen Erlebnishorizonts dar - obwohl die Touren selten weiter als 40 Kilometer aus der Stadt führen.

Das Fahren zu zweit, sagt der Autor, sei für ihn aber noch mehr: eine Schule des Beobachtens - und des Verdichtens auf das, was für das Publikum relevant ist: "Ich referiere die Landschaft: Gebäude, Tiere, Menschen - alles. Das wirkt für die Leute, an denen wir vorbeifahren, sicher seltsam. Manche halten uns für verrückt. Aber das ist egal." Nur eines, seufzt Setz, vermisse er manchmal: "Ich bin noch nie hinten gesessen." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, 22.2.2013)