Wien - Goldene Palme, Europäischer Filmpreis, Golden Globe oder Bafta: All diese prestigeträchtigen Auszeichnungen hat Michael Hanekes Amour seit seiner Premiere im Mai 2012 beim Festival in Cannes schon erhalten. Der Regisseur selbst verweist vor allem auf die durch solche Preise gewonnene (künstlerische) Freiheit. Aber sie steigern auch weltweit die Aufmerksamkeit für einen Film und die Nachfrage.

Die Fäden dafür laufen in Paris zusammen, am Sitz der renommierten Firma Les Films du Losange, Koproduzent und vor allem Weltvertrieb von Amour. Ein "Oscar-Effekt" habe sich, so Agathe Valentin, Head of International Sales, zum STANDARD, dort durchaus bemerkbar gemacht: Nach Bekanntgabe der fünf Nominierungen in Hauptkategorien habe man plötzlich auch Anfragen aus dem Nahen Osten erhalten, Amour beispielsweise nach Indien verkauft.

Viele sicherten sich einen neuen Film von Michael Haneke mittlerweile aber schon vor der Weltpremiere. Sony Classics erwarb die Nordamerika-Rechte für Amour, bevor die Wettbewerbsteilnahme in Cannes bestätigt war. Seither wurde Amour in gut 60 Länder verkauft. Weltweit, sagt Valentin, hätten rund 2,5 Millionen Zuschauer den Film gesehen. Allerdings sei die Kinoauswertung noch gar nicht überall angelaufen. Gut möglich, dass nach der Oscar-Gala noch einmal Bewegung ins Geschehen kommt. (Auch in Österreich hat Amour zuletzt noch einmal zugelegt und aktuell 89.000 Zuseher.)

Die Zusammenarbeit von Les Films du Losange mit Haneke und dem Wiener Produktionspartner Wega-Film geht zurück auf Wolfzeit (2003). Als Weltvertrieb vertritt man neun Spielfilme des Österreichers, darunter die ersten vier - auch an diesem Back-Catalogue gebe es neues Interesse.

Die ungewöhnliche Entscheidung, für die PR von Amour monatelang nur zwei Szenenbilder freizugeben, die die von Emmanuelle Riva und Jean-Louis Trintignant verkörperten Protagonisten zeigen, sei übrigens ein Wunsch des Regisseurs gewesen: "Er wollte auf die beiden Schauspieler fokussieren, nichts von der Geschichte preisgeben."

In Frankreich - wo Amour derzeit wieder auf gut 100 Leinwänden angelaufen ist - sieht man die Frage, ob es sich nun um einen französischen oder einen österreichischen Film handelt, gelassen: Valentin spricht von einem "europäischen Film": "Wir produzieren und koproduzieren viele Filme von Filmemachern, die keine Franzosen sind." (Isabella Reicher, DER STANDARD, 23./24.2.2013)