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Wie viele Kilometer hat die Piste, fragt man sich. Pfeilgerade fährt der Skidoo den Berg rauf. Der Skifahrer fährt allerdings meist in Schwüngen runter. Seilbahner messen gar 100-Meter-Schwünge.

Foto: APA/dpa/Bernd Thissen

Innsbruck - Nachdem der deutsche Kartograf und Skisportexperte Christoph Schrahe errechnet und veröffentlicht hatte, dass weltweit zahlreiche Skigebiete mit ihren Angaben bei Pistenkilometern schummeln, wurde der Ruf nach einheitlichen Kriterien zur Messung laut. Das werde besprochen und ehestmöglich gelöst, versprach der Chef der Seilbahner in der Wirtschaftskammer, Franz Hörl (VP), umgehend, "am besten von Südtirol bis in die französischen Alpen".

Verdacht auf schweren Betrug

Nichtsdestotrotz plant Gerhard Heilingbrunner vom Umweltdachverband (UWD) eine Sachverhaltsdarstellung wegen des Verdachts auf schweren Betrug bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einzureichen. Er spricht vom "Vortäuschen falscher Tatsachen, um Gäste anzulocken". Es werde mit Pistenkilometern geprahlt, die es überhaupt nicht gebe.

Heilingbrunner wünscht sich zudem von Hörl, dass die " Seilbahner österreichweit reinen Tisch machen", Pistenkilometer müssten umgehend offengelegt werden. Hörl hatte bereits angekündigt, die Messung der Skigebietsgröße in das Tiroler Pistengütesiegel mitaufnehmen zu wollen. Würde man sich auf eine Hektarangabe für die Größe von Skigebieten einigen, könnten diverse Einreichpläne herangezogen werden.

Messung der "effektivsten Fahrtschrecke"

In den USA würden Pisten in Hektar gemessen, einige Skigebiete in Tirol, etwa in Kitzbühel oder am Arlberg messen ihre Skipisten auch in Kilometer in der Falllinie. So hat auch Christoph Schrahe gemessen. Er maß für seine Recherchen die Falllinie in der Mitte der Piste in 80 Skigebieten. In manchen Skigebieten kam er auf andere Zahlen als die von den Skiressorts etwa auf Homepages veröffentlichten.

So auch am Stubaier Gletscher: Schrahe verzeichnete 47 Kilometer, laut Skigebiet gibt es aber 110 Pistenkilometer. Gemessen wurde am Gletscher aber nicht die Falllinie, sondern die "effektive Fahrstrecke", heißt es von Vorstand Reinhard Klier: Bei der Berechnung werde berücksichtigt, dass Skifahrer nicht gerade ins Tal hinunter fahren. Deshalb werde in Kurven von einem zum anderen Pistenrand gemessen. Ab 100 Meter Breite würden Pisten doppelt bemessen. Damit ergebe sich eine Formel von Falllinie mal Pi halbe: also direkte Falllinie mal 1,7.

Seilbahner wollen Profit

Gerhard Heilingbrunner vom UWD kritisiert einmal mehr die Seilbahnwirtschaft: Deren "Profitgier" sei grenzenlos. "Wenn es um die Natur geht und darum, neue Seilbahnen zu erschließen, dann werden die Skigebiete minimiert. Geht es darum, Gäste anzulocken, dann werden die Skigebiete maximiert." Ein besonderes Beispiel für den " Turbokapitalismus" sei der Piz Val Gronda.

Der UWD forderte kürzlich einen Stopp aller Bauprojekte - auch des Liftbaus auf den Piz Val Gronda - in potenziellen Natura 2000 Gebieten. Bei potenziellen schutzwürdigen Gebieten bestehe Rechtspflicht, nichts zu unternehmen. Heilingbrunner fordert Seilbahner Hörl auf, in einen "konstruktiven Dialog mit Naturschützern zu treten". (Verena Langegger, DER STANDARD, 23./24.2.2013)