Bild nicht mehr verfügbar.

Bevor der Zahnarzt mit dem Bohren beginnt, gilt es ihn seinerseits mit Fragen zu löchern.

Foto: APA/dpa/Frank Leonhardt

4.400 Zahnärzte sind derzeit in Österreich tätig, zehn Prozent davon im Bereich Implantologie. Diese splitten sich in drei Gruppen: Ärzte, die sich auf Zahnimplantate spezialisiert haben, Ärzte, die diese Therapie routinemäßig in ihre Praxis integrieren sowie Ärzte, die nur in Ausnahmefällen Implantate setzen.

Etwa 30.000 Implantate wurden 2012 in Österreich gesetzt, die erwartete Verlustrate beträgt zwischen zwei und zehn Prozent in den folgenden zehn Jahren. "Bei einem Einzelzahn-Implantat sind innerhalb von zehn Jahren 98 Prozent noch in Ordnung", sagt Thomas Bernhart, Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Leiter der chirurgischen Ambulanz der Abteilung für Orale Chirurgie an der Med-Uni Wien und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Orale Chirurgie Österreich.

Implantate im freien Wettbewerb

Innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Implantation muss man mit einer Komplikationsrate von 35 Prozent rechnen, die jedoch das gesamte Umfeld des Implantats einbezieht. Bei Implantaten in Kombination mit anderen Operationen liegen die Verlustraten deutlich höher.

Bis auf ganz wenige Ausnahmen, zum Beispiel bei Tumorpatienten, werden Implantate nicht von den Krankenkassen bezahlt. So geraten sie leicht in eine Kommerz-Schiene. "Mit Implantaten lässt sich viel Geld generieren", sagt Bernhart.

Freier Wettbewerb bedeutet Marketing, das auch über Boulevardmedien läuft. Die Grenze zwischen Patienteninformation und Werbung ist für die meisten Patienten nicht transparent. Nicht zuletzt deshalb vermittelt der Experte in einer Zehn-Punkte-Liste, worauf es im Vorfeld des Eingriffs zu achten gilt.

Eine "moderne Situation" schaffen

Die Voraussetzung für ein funktionierendes Implantat ist ein Zahnarzt, der dem Eingriff positiv gegenübersteht. "Der Grundtenor, dass Implantate nur in Ausnahmefällen die richtige Therapie für den Patienten sind, hat sich im niedergelassenen Bereich gehalten", sagt Bernhart. Das entbehre jeglicher Grundlage, denn Implantate stellten eine gesicherte Therapieform dar. Alternativtherapien wie Brücken oder Prothesen würden deutlich höhere Komplikationsraten aufweisen. Bernhart: "Wenn ein Zahnarzt sagt, ein Implantat sei sinnvoll, ist man bereits in einer modernen Situation."

Vor dem Eingriff gilt es einiges zu beachten und vor allem dem Zahnarzt Fragen zu stellen, empfiehlt der Experte. Skrupel sind dabei fehl am Platz, denn "jeder seriöse Zahnarzt kennt seine Zahlen und informiert im Idealfall bereits im Vorfeld aktiv über den Eingriff".

Zehn Fragen vor dem Eingriff:

  1. Wie oft hat der Zahnarzt ein Implantat gesetzt?

  2. Wie hoch ist seine Erfolgsrate? Hier gilt es in die Phase der Einheilung und in die Phase des Belastens zu differenzieren.

  3. Gibt es einen detaillierten Therapieplan? Dieser ergibt den Kostenfaktor und umfasst die Fragen: Wie viele Implantate brauche ich? Wo werden sie gesetzt? Wie werden sie geplant? Schaut der Zahnarzt dafür nur in den Mund, oder fertigt er Modelle beziehungsweise sogar Schienen an, die die Position festlegen? Führt er Röntgenuntersuchungen durch, um die Gegebenheiten besser feststellen zu können? Wie lange wird es dauern, bis das Implantat eingesetzt und belastbar ist?

  4. Wird vor dem Eingriff eine professionelle Zahnreinigung durchgeführt? Diese ist ein Grundkriterium des späteren Erfolges.

  5. Ermittlung des Hygienestatus: Wie wird die Implantation durchgeführt? Wird der Mundbereich desinfiziert, steril abgedeckt und der Eingriff unter hygienischen Bedingungen wie bei einer Operation durchgeführt?

  6. Woraus besteht das Material des Implantats? "Es gibt viele Billiganbieter, die in die Kommerz- und nicht in die Behandlungsschiene hineingehen", weiß Bernhart und empfiehlt hochwertige Originalprodukte Generika vorzuziehen. Unter diesen würden sich gute, aber auch weniger gute Produkte finden, was für die Patienten kaum zu differenzieren sei. "Es gibt mehrere gute Materialien, 'das Beste' gibt es nicht", sagt Bernhart. Informationen über den Werkstoff erhält man auch auf der Webseite des Implantate-Herstellers.

  7. In welcher Form erfolgt die Aufklärung? Die Operationsrisiken müssen  entweder mündlich oder schriftlich kommuniziert werden. Ideal ist eine Checkliste, die der Patient mit nach Hause nehmen kann. "Der Zahnarzt muss den Patienten über die Therapiemöglichkeit informieren und ihn darüber nachdenken lassen", so Bernhart.

  8. In welcher Form wird über die Nachsorge informiert? Der Patient sollte schriftliche Informationen mitbekommen, wie er sich nach dem Eingriff zu verhalten hat.

  9. Wie funktioniert die Nachsorge? "Eine gewisse Art der Gewährleistung sollte gegeben sein", mein Bernhart. Dabei handelt es sich nicht um eine Garantie, sondern um eine medizinische Leistung zumindest innerhalb der acht bis zwölf Wochen dauernden Einheilungsphase. Seriöse Kliniken bieten auch danach, ab dem Zeitpunkt, wo die Brücke bereits auf den Kronen sitzt, ein Recall-System an. Darüber hinaus sollte der Zahnarzt vermitteln, dass ein Implantat empfindlicher ist als ein eigener Zahn. Regelmäßige Kontrollen sind angebracht, üblicherweise jährlich, im Rahmen des Zahn-Routinekontrolle.

  10. "Vorsicht vor ausländischer Versorgung", sagt Bernhart. Patienten, die den Eingriff  beispielsweise in Ungarn durchführen lassen wollen, empfiehlt er die Zweitmeinung eines seriösen österreichischen Arztes einzuholen. "Es kommt immer wieder vor, dass aus kommerziellen Gründen mehr Implantate als nötig gesetzt werden", berichtet der Zahnexperte. "Dann war das Implantat per se billiger, in Summe aber teurer." Deshalb gilt es, vor der Entscheidung die Planungen miteinander zu vergleichen. (Eva Tinsobin, derStandard.at, 28.2.2013)