Bild nicht mehr verfügbar.

Liz Taylor hier als Kleopatra. Die ägyptische Königin ist eine bevorzugte Reinkarnationsfigur.

Foto: APA/PA stringer

Habe ich schon einmal gelebt? In einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, in einem anderen Körper - als Mann oder Frau? Auf Fragen wie diese will eine österreichische Rückführungstherapeutin Antworten geben. Auf ihrer Homepage wird die Rückführung als "eine der faszinierendsten und heilsamsten Erfahrungen auf dem Weg zur Selbsterkenntnis" beschrieben.

Claudia Illichmann ist mit ihrem Versprechen nicht allein, zahlreiche "Therapeuten" und Energethiker bieten österreichweit Rückführungen an. Die meisten davon haben ihre Qualifikation innerhalb weniger Tage an esoterischen Instituten erworben. Therapieanspruch erhebt die Rückführungsbehandlung jedoch ohnehin nicht.  Vielmehr sollen mit Hilfe der Erinnerungen gegenwärtige Verhaltensmuster und Probleme erkannt werden. "Lösungsarbeit auf rein spirituell feinstofflicher Ebene", so der erklärende Wortlaut auf der erwähnten Seite im Netz. Der Selbstheilungsprozess wird dabei angeblich durch die Einsicht und Akzeptanz spirituell karmischer Zusammenhänge erzeugt.

Historisch widerlegt

"Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass ein Mensch schon vor seiner Geburt gelebt hat, und auch nicht, dass er in frühere Existenzen geführt werden kann. Das ist reine Spekulation", sagt Krista Federspiel, Medizinjournalistin und Mitglied des Wissenschaftsrats der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP).

Beeindruckend genau sind jedoch die Ausführungen mancher Menschen, die rückgeführt wurden. Berühmtes Beispiel ist der 25-jährige Technikstudent Rudolf T. aus München, der während seiner Rückführung von seinem Leben als Gemüsehändler berichtete. Seine Angaben darüber, wie er als Guy Lafarge im 18. Jahrhundert in Wissembourg/Weißenburg im Elsass lebte, waren sehr detailliert. Unter anderem nannte er auch die Einwohnerzahl Wissembourgs (250) und seinen eigenen exakten Todeszeitpunkt. Seinen Psychotherapeuten Thorwald Dethlefsen konnte er damit von der Existenz der Reinkarnation überzeugen.

Der Weißenburger Lokalhistoriker Auguste Schaaf konnte das jedoch widerlegen. Er hat die Erzählungen des Studenten überprüft und herausgefunden, dass sämtliche Angaben der hypnotisierten Person, inklusive der Einwohnerzahl Weißenburgs (tatsächlich hatte der Ort zu gegebenem Zeitpunkt 5.400 Einwohner). reine Fiktion waren.

Beweisbringend für Dethlefsen war jedoch: Das Leben des Gemüsehändlers war einfach zu banal, als dass Rudolf T. die biografischen Details irgendwo gelesen oder gehört haben konnte.

König oder Scharfrichter

Die Geschichte des Studenten ist inhaltlich betrachtet aber ein Ausnahmebeispiel. "Die wenigsten Menschen erzählen in ihrer Rückführung, dass die Haushaltsgehilfen oder Gemüsehändler waren. Viel häufiger waren sie Mitglieder einer königlichen Familie oder aber Scharfrichter", weiß Federspiel.

Phantasiert wird also bevorzugt von herausragenden Persönlichkeiten. Für Federspiel ebenfalls ein Hinweis, dass die Erzählungen nichts mit der Realität zu tun haben, da es eher unwahrscheinlich ist, dass Kleopatra nicht im Körper einer, sondern unzähliger Personen wiedergeboren wurde.

Thorwald Dethlefsens Bücher über Rückführungen in frühere Leben verkauften sich dennoch als Bestseller und der Hollywood-Star Shirley Mc Laine und Chris Griscom, eine spirituelle Lebenslehrerin aus New Mexiko, haben der Verbreitung der Reinkarnationsidee Vorschub geleistet.

Fabulierendes Unterbewusstsein

Erinnerungsfähig werden Menschen angeblich gemacht, indem sie von Reinkarnationstherapeuten beispielsweise durch Hypnose in Trance versetzt werden. "In diesem Zustand kommt es häufig zu Fabulierungen. Erinnerungsbausteine werden miteinander verknüpft und so entstehen ganze Erzählungen in der Phantasie der Menschen", beschreibt Federspiel, wie es zu den plausiblen und detailgetreuen Erzählungen kommt.

Die Methode ist mitunter nicht ungefährlich, vor allem wenn Therapeuten ihre Klienten durch holotropes Atmen  in einen anderen Bewusstseinszustand bringen. "Diese Form der Hyperventilation reduziert die Gehirndurchblutung und kann zu Gehirnschäden und im Extremfall zum Tod führen", sagt Federspiel.

Das Holotrope Atmen wird auch als eigene Methode innerhalb der Transpersonalen Psychologie und Psychotherapie angeboten. Auch hier soll die Atmung das Bewusstsein verändern, um dem Menschen  Zugang zu verdrängten Problemen und  unverarbeiteten Geburtserlebnissen zu eröffnen.

Für psychisch kranke Menschen stellt das Holotrope Atmen, wie die Reinkarnationstherapie auch, eine besondere Gefahr dar. Bei Menschen die beispielsweise unter Schizophrenie leiden, kann es zu psychotischen Schüben kommen.  „Von den Anwendern werden diese Krisen oft weder erkannt, noch wissen sie mit diesen umzugehen", sagt Federspiel.

Teurer Blick in die Vergangenheit

Der Blick in die eigene Vergangenheit kann nicht nur gefährlich sein, sondern außerdem ziemlich teuer. Denn zumeist ist es bei der Reinkarnationstherapie nicht immer mit einer Sitzung getan. Oft werden die Klienten über vier Wochen behandelt, wobei jeden Tag eine zweistündige Therapie durchgeführt wird. Die Kosten für diesen Zeitraum liegen bei durchschnittlich 3.000 Euro.

Die hohen Kosten entstehen auch dadurch, dass die Klienten während der Therapie in einem Therapiezentrum, Hotel oder einer Pension wohnen. Separiert von dem normalen Umfeld wird zusätzlich von Telefonkontakten nach außen abgeraten. "Isolation führt immer zu einer Veränderung des Erlebens", betont Federspiel und verweist auf die Scientology-Sekte, die mit reinkarnationstherapeutischen Methoden Menschen Weltvorstellungen aufoktroyieren. "Das ist Gehirnwäsche, eine Beeinflussung des Erlebens der Klienten", so Federspiel und rät auch in Hinblick darauf, von der Inanspruchnahme einer Rückführung dringend ab. (Regina Walter, derStandard.at, 1.3.2013)