Durch resonante Anregung senden Halbleiterquantenpunkte quasi auf Knopfdruck ununterscheidbare Photonen aus.

Foto: Uni Würzburg/ Lehrstuhl für Technische Physik

Hinsichtlich ihrer Eigenschaften identische Photonen sind ein Schlüssel für Quantennetzwerke und zukünftige Quantencomputer. Einem internationalen Wissenschafter-Team ist jetzt die Produktion solcher Photonen auf Knopfdruck gelungen.

Für die Messung und Manipulation einzelner Quantensysteme haben Serge Haroche und David Wineland im vergangenen Jahr den Nobelpreis für Physik erhalten: Die beiden Physiker haben bahnbrechende experimentelle Verfahren in der Quantenphysik entwickelt, mit denen sich unter anderem Ionen von der Umgebung isolieren und gezielt manipulieren oder die Wechselwirkung von einzelnen Atomen mit Photonen in Resonatoren untersuchen lassen. Quantennetzwerke und Quantencomputer könnten auch das Ergebnis der Arbeiten Würzburger Physiker sein. Im Unterschied zu den beiden Nobelpreisträgern setzen Sven Höfling, Christian Schneider und Martin Kamp am Lehrstuhl für Technische Physik allerdings auf Photonen und Halbleiterstrukturen. Damit sind sie näher an einer technischen Umsetzung als ihre preisgekrönten Kollegen, die mit Atomen und Ionen arbeiten.

Quantennetzwerke, in denen Lichtteilchen Informationen transportieren, benötigen ganz spezielle Photonen: Diese müssen in sämtlichen ihrer physikalischen Eigenschaften absolut identisch sein. So lassen sich Quantenspeicher über weite Entfernungen miteinander verschränken und somit für die Datenverarbeitung und den Datentransfer nutzen. Solche Photonen quasi auf Knopfdruck, in großer Zahl und in der gewünschten Qualität herzustellen, ist jetzt einem international zusammengesetzten Team von Wissenschaftern gelungen. Während die optischen Experimente im chinesischen Hefei stattfanden, haben Sven Höfling und seine Mitarbeiter bei der Planung mitgewirkt, die notwendigen Quantensysteme maßgeschneidert und realisiert, und im Anschluss die Daten analysiert. Die Fachzeitschrift "Nature Nanotechnology" hat die Ergebnisse jetzt veröffentlicht.

Der perfekte Quantenpunkt

Produziert wurden diese Photonen von sogenannten Quantenpunkten, die das Würzburger Forscherteam zuvor im Mikrostrukturlabor der Universität hergestellt hatte. Quantenpunkte sind künstliche Atome in Festkörpergestalt, die aus einigen 10.000 Atomen zusammengesetzt werden. Quasi auf Knopfdruck, auf einen optischen Impuls mit einem Laser hin, liefern sie deterministisch angeregt einzelne Photonen. Sie werden mit Mitteln der Halbleiter-Technik hergestellt, auf der auch die Technik heutiger Rechner basiert. Die Schwierigkeit dabei: "In einem Festkörper sind die einzelnen Quantensysteme starken Wechselwirkungen ausgesetzt, die als Störungen wirken", sagt Höfling. "Und solche Störungen, die wir durch das optische Anregungsschema minimiert haben, sind dafür verantwortlich, dass die ausgestrahlten Photonen eben nicht absolut identisch sind", so der Physiker weiter.

Mit Laser-Pulsen einer exakt definierten Länge haben Physiker in den chinesischen Labors den Quantenpunkt aus Würzburg deterministisch in einen angeregten Zustand versetzt und somit die Emission von Photonen in Gang gesetzt. Jeweils zwei von ihnen wurden anschließend an einem Strahlteiler überlagert. Mit Hilfe weiterer optischer Komponenten wurde anschließend das sogenannte "kontrollierte NOT-Gatter" als universelles Quantengatter realisiert. "Damit lassen sich optische Quantencomputer aufbauen und verschränkte Zustände erzeugen", sagt Höfling. Von Verschränkung ist in der Physik immer dann die Rede, wenn zwei einzelne Quantenobjekte auf bestimmte Weise miteinander verbunden sind. In dem Moment, wo durch Messungen der Zustand des einen Objekts bestimmt wird, liegt automatisch auch der Zustand des anderen Objekts fest – selbst wenn die beiden Objekte räumlich weit voneinander getrennt sind und in keinerlei messbaren Verbindung stehen.

Die nächsten Schritte

Für Sven Höfling bedeutet der Erfolg dieses Experiments einen wichtigen Schritt hin zu Quantennetzwerken und Quantencomputern – vor allem im Zusammenhang mit einem Forschungsergebnis eines Forscherteams mit Würzburger Beteiligung aus dem vergangenen Jahr. Damals ist es den Physikern gelungen, den intrinsischen Drehimpuls von Elektronen, den so genannten Spin, mit Photonen zu verschränken. Die Messung des Spinzustandes des Elektrons gibt somit sofort Auskunft über den Polarisationszustandes des Photons, da die beiden quantenmechanisch miteinander verknüpft sind. Umgekehrt kann bei bekanntem Polarisationszustand des Photons unmittelbar auf den Spinzustand des Elektrons geschlossen werden.

Die Kombination beider Forschungsergebnisse biete nun die Chance, Quantennetzwerke aufzubauen, die die Kommunikationstechnologie und den Bau von Computern revolutionieren könnte. (red, derStandard.at, 3.3.2013)