Stimmt schon, durch "richtiges" Einkaufen alleine werden wir die Welt nicht retten. Aber natürlich hat unser Einkauf ganz massiv Einfluss auf unser Leben, und nicht nur auf unser eigenes.

Langfristig verändern wir unseren Lebensraum mit jedem unserer Einkäufe. Alleine die Infrastruktur unserer Ortschaften haben wir bereits "dank" der Shopping-Center auf grünen Wiesen nachhaltig verändert. Egal wohin man in Österreich schaut, man sieht ein ähnliches Bild: immer mehr leere Geschäfte und freie Parkflächen in den Ortszentren, wenige Kilometer außerhalb dann das Einkaufszentrum, der Mega-Markt oder die Shoppingmeile - Einkaufen mit Eventcharakter.

Das Kinocenter liegt oft auch gleich direkt daneben, zu erreichen ist der ganze Komplex nur noch mit dem Pkw, für den zusätzlichen Verkehr müssen dann noch extra Kreisverkehre und Umfahrungen gebaut werden. Die Umweltweltverträglichkeitsprüfung wurde schon in der Planungsphase elegant umschifft und der Boden hektarweise versiegelt.

Wir kaufen uns die Arbeitsplätze selbst weg

Der stark wachsende Online-Handel trägt zwar weniger zu optischen und ökologischen Veränderungen bei, aber zur rasanten Veränderung unseres Arbeitsraumes. Große Online-Versandhäuser wie Amazon und Zalando machen den Einkauf einfach und bequem, verdrängen aber Einzelhandel und Nahversorger. Das geht letztendlich so weit, dass wir uns unsere Arbeitsplätze eben selbst wegkaufen, beziehungsweise zumindest jene unserer Kinder.

Denn auch wenn immer mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, viele dieser Arbeitsplätze befinden sich dann nicht mehr beim nahe gelegenen Händler, sondern im fernen Auslieferungslager eines Online-Anbieters. Mit der Qualität der Jobs sinkt auch der Stundenlohn, womit dann nur noch Menschen aus Billiglohnländern kurzfristig Arbeit finden.

Dazu kommt, dass natürlich auch der Wettbewerb steigt und somit die Preise fallen. Was kurzfristig betrachtet gut für uns KonsumentInnen ist, hat mittel- und langfristig negative Auswirkungen auf die Qualität, sowohl jene der Produkte als auch die der Arbeitsplätze. So haben beinahe alle Lebensmittelskandale der letzten Jahre ihren Ursprung im Zwang, möglichst billig zu produzieren.

Falsches Jammern

Das beginnt bei absichtlichen und unabsichtlichen Schwachstellen von Geräten und endet bei schlechten Arbeitsbedingungen und Lebensmittelskandalen. Alle jene, die über Intensivtierhaltung, Ausbeutung von ArbeitnehmerInnen, Pferdefleisch, Antibiotika-Steak und Ähnliches jammern, haben die einfachsten Gesetzmäßigkeiten der Wirtschaft nicht verstanden.

Immer, immer werden billige Endprodukte von anderen bezahlt. Egal welches Produkt - wird beim Einkauf gespart, muss in der Produktion gespart werden. Bei der Tierhaltung, bei ökologischen Kriterien, bei Löhnen, Arbeitsplätzen, Regionalität. Uns ist die Quantität zunehmend wichtiger als die Qualität, genau danach richtet sich auch der Markt.

Kauf dich arm

Somit liegt sie ganz klar vor unseren Augen, die Spirale, die wir selbst immer stärker drehen. Wer billig kauft, kauft eigentlich teuer. Geiz ist, aus dieser Sichtweise, plötzlich nicht mehr geil, sondern einfach dumm. Auch "Kauf dich glücklich" sieht dann plötzlich ganz anders aus - "Kauf dich arm" triff es wohl eher. Wir bekommen einfach nicht genug von der Schnäppchenjagd, von den Rabattaktionen.

Vor etwa 25 Jahren war die Kleinbildfotografie noch ein lohnendes Geschäft, bis dann der "freie Markt" nicht nur für niedrigere Preise sorgte, was ja grundsätzlich erstrebenswert war und ist (damals musste man 250 Schilling für einen 24-Bilder-Film hinblättern). Nein, die Preisschlacht hatte erst ein Ende, als niemand mehr an diesem Produkt wirklich verdienen konnte. Niedermeyer und Co. begannen dann plötzlich, Reisen, Brillen und Goldschmuck anzubieten, um die rückläufigen Einnahmen auszugleichen und gleichzeitig neue Branchen in den ruinösen Strudel zu ziehen.

Auch wir haben den Schwarzen Peter

Zu einfach ist es, den Schwarzen Peter der Wirtschaft oder den Bauern zuzuschieben, denn wir alle sind die Wirtschaft. Wir, jede und jeder Einzelne von uns spielt dieses Spiel, das keines ist, mit. Natürlich sind auch die richtigen politischen Rahmenbedingungen und verantwortungsbewusste Firmen und Manager gefragt. Aber wenn wir weiterhin auf andere zeigen und nicht bereit sind, selbst maßgeblich unseren Beitrag zu leisten, brauchen wir uns weder zu wundern noch zu jammern. Unser Einkauf entscheidet. (Wolfgang Spitzmüller, Leserkommentar, derStandard.at, 21.2.2013)