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Laurent Gbagbo vor Gericht.

Foto: AP/Kooren

Den Haag/Abidjan - Der Internationale Strafgerichtshof (IStgh/ICC) hat am Dienstag das erste Verfahren seiner Geschichte gegen ein ehemaliges Staatsoberhaupt eröffnet. Der ivorische Ex-Präsident Laurent Gbagbo wird der Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. Der 67-jährige Ex-Staatschef kam in dunkelblauem Jackett zu der Anhörung vor dem Richtergremium unter Vorsitz der Argentinierin Silvia Fernandez de Gurmendi. Bis zum Monatsende wollen die Richter entscheiden, ob die Vorwürfe der Verwicklung in Gewaltverbrechen für eine Anklage ausreichen.

Die Anklage wirft dem ehemaligen Präsidenten der Elfenbeinküste vor, indirekt für die Ermordung von mindestens 166 Menschen, Vergewaltigung, Misshandlung und Verfolgung von Hunderten weiteren politischen Gegnern verantwortlich zu sein. Bei einer Gewaltwelle nach der Präsidentschaftswahl wurden vom 16. Dezember 2010 bis 12. April 2011 mindestens 3.000 Menschen getötet. In der Zeit des blutigen Machtkampfes mit seinem Rivalen, dem heutigen Staatschef Alassane Ouattara, sollen Gbagbos Anhänger insgesamt mindestens 700 Menschen getötet und 35 Frauen vergewaltigt haben.

Kundgebung

Mit Rücksicht auf das fortgeschrittene Alter Gbagbos sollen die Sitzungen des Gerichts jeweils nur vier Stunden am Nachmittag dauern. Für den 28. Februar wird eine Erklärung Gbagbos zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen erwartet.

Vor dem schwer bewachten Gerichtsgebäude in Den Haag demonstrierten einige hundert Anhänger Gbagbos für dessen Freilassung. In dem Vorverfahren müssen die Richter des Weltstrafgerichtes entscheiden, ob die Beweise gegen den 67-Jährigen für einen Prozess ausreichen.

Seit gut zehn Jahren gibt es den Internationalen Strafgerichtshof. Er soll die schlimmsten Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgen. Doch viele Menschenrechtsorganisationen klagen, dass in diesem Jahrzehnt nicht viel erreicht wurde. Dem Gericht wird quälende Bürokratie und Ineffektivität vorgeworfen. Und die Bilanz scheint das zu bestätigen.

Schuldspruch und Freispruch

Zwei Prozesse wurden erst abgeschlossen. Der ehemalige kongolesische Warlord Thomas Lubanga wurde 2012 wegen des Einsatzes von Kindersoldaten zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Und im Dezember gab es noch einen spektakulären Freispruch. Der kongolesische Ex-Milizenchef Mathieu Ngudjolo Chui wurde von allen Vorwürfen freigesprochen. Die Beweise waren zu schwammig und die Zeugenaussagen widersprüchlich, erklärten die Richter.

Seit seiner Gründung 2002 hat das Weltgericht 18 Verfahren eingeleitet, alle in Afrika. Das hat ihm von afrikanischen Ländern den Vorwurf des Neokolonialismus eingebracht. Den weist die Chefanklägerin vehement zurück. "Viele dieser Fälle wurden uns von afrikanischen Ländern selbst übertragen."

Der Strafgerichtshof ist als Instanz inzwischen international anerkannt. Bei Krisen wie nun etwa in Mali wird er mit Ermittlungen beauftragt. Doch das Gericht hat keinen großen Ermittlungsapparat, geschweige denn eine eigene Polizei. Es ist auf die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden, Regierungen und dem Weltsicherheitsrat angewiesen. Elf Haftbefehle des Gerichtes wurden noch nicht ausgeführt, weil Staaten nicht mit dem Gericht zusammenarbeiten oder weil andere politische Interessen im Vordergrund stehen. (APA, 19.2.2013)