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Kritik und Sonderprüfungen gegen Trenkwalder nach Bericht über Arbeitsbedingungen bei Amazon.

Foto: EPA

Das Schweigen des niederösterreichischen Leiharbeitskonzerns Trenkwalder zur Affäre um die katastrophalen Arbeitsbedingungen beim Internet-Versandhändler Amazon in Deutschland hat auch in Österreich die Gewerkschaften auf den Plan gerufen. PRO-GE und GPA-djp forderten am Dienstag von Trenkwalder Aufklärung über die erhobenen Anschuldigungen.

In Österreich kaum möglich

"Die konkreten Vorwürfe sind so drastisch und schwerwiegend, dass ein Unternehmen, das laut Eigendefinition sehr stark das Prinzip der sozialen Verantwortung in den Mittelpunkt stellt, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann, auch wenn es sich um Vorfälle in Deutschland handelt", so der Leitende Sekretär der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, Peter Schleinbach, und der stellvertretende Bundesgeschäftsführer der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus und Papier (GPA-djp) Karl Proyer in einer gemeinsamen Aussendung. Zudem sollten österreichische Unternehmen ein Interesse daran haben, dass gute Arbeitsbedingungen und Mindeststandards von ihren (Partner-)Unternehmen auch im Ausland eingehalten werden.

In Österreich wären "derartige Praktiken" kaum möglich, betonten die Arbeitnehmervertreter. Grund seien die besseren gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen bei der Arbeitskräfteüberlassung.

Trenkwalder hat sich auch am Dienstag nicht zu den Vorwürfen über die schlechte Bezahlung der Amazon-Leiharbeiter und deren fragwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen geäußert. Mehrmalige Anfragen der APA blieben bisher unbeantwortet.

Das Unternehmen wurde von Richard Trenkwalder gegründet und ist mittlerweile mehrheitlich im Eigentum der deutschen Droege-Gruppe.

Sonderprüfung

In Deutschland indes läuft die Politik seit Tagen in Sachen Amazon Sturm. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hat vergangene Woche sogar eine Sonderprüfung gegen Trenkwalder eingeleitet und dem Unternehmen mit Lizenzentzug gedroht.

Heute forderte auch die nordrhein-westfälische Landesregierung Konsequenzen."Wir wollen erreichen, dass die Leiharbeit neu reguliert wird", sagte der Arbeitsminister der Landesregierung, Guntram Schneider (SPD), den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Es müsse der Grundsatz "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" gelten.

"Wir wollen den Niedriglohnsektor eindämmen und einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn einführen", so Schneider weiter. So lasse sich Lohndumping konsequent bekämpfen. "Unsere Vorschläge liegen im Bundesrat auf dem Tisch."

Schneider sagte, Amazon greife gerade in der Vorweihnachtszeit verstärkt auf Leiharbeitskräfte zurück. Grundsätzlich sei es nicht verwerflich, wenn Betriebe Leiharbeiter einsetzten. Problematisch werde es aber, wenn Unternehmen systematisch feste Arbeitsverhältnisse durch Leiharbeitsverträge ersetzten. "Der Verdacht liegt nahe, dass Amazon diese Strategie hat."

Kritik an zu knappen Pausen

Auch Gewerkschafterin Sabine Busch, bei ver.di zuständig für den Amazon-Logistikstandort in Rheinberg am Niederrhein, kritisierte die Arbeitsbedingungen beim US-Onlinehändler. Ein großes Thema seien die zu knapp bemessenen Pausen, sagte Busch den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Jeder Mitarbeiter habe am Tag 45 Minuten Zeit für den Gang zur Kantine - das sei angesichts der zum Teil langen Wege in den Hallen und einer Wartezeit von mehreren Minuten an einer Sicherheitsschleuse zu wenig.

Die Sicherheitsschleuse werde eingesetzt, um Diebstähle zu verhindern. Sie "meldet schon Alarm, wenn sich ein Kaugummipapier in der Hose befindet", sagte Busch. Am Standort Rheinberg wird es nach Angaben von ver.di am 13. März erstmals Betriebsratswahlen geben.

In der vergangenen Woche hatte eine ARD-Fernsehreportage über die Arbeits- und Lebensbedingungen von Leiharbeitern am Amazon-Standort im hessischen Bad Hersfeld für Kritik gesorgt. Die Saisonarbeiter sollen dem Bericht zufolge von privaten Sicherheitsdiensten schikaniert worden sein. Amazon kündigte der Sicherheitsfirma inzwischen; deren Mitarbeiter sollen eine Nähe zur Neonazi-Szene haben, was das Unternehmen allerdings vehement dementierte.

Amazon reagiert

Am späten Montagabend gab Amazon dann bekannt, sich von einem weiteren Dienstleister zu trennen. Die Firma war unter anderem für die Unterbringung der in der Weihnachtszeit eingesetzten Zeitarbeiter im Feriendomizil Seepark im hessischen Kirchheim verantwortlich. "Es ist uns eindeutig nicht gelungen, die Einhaltung unserer hohen Standards auch durch den Dienstleister, der für Unterbringung, Transport und den Einsatz der Sicherheitskräfte verantwortlich war, zu gewährleisten", teilte Amazon in München mit.

Der in Leipzig sitzende Dienstleister wollte sich am Dienstag nicht zum Geschäftsverhältnis zu Amazon äußern. Es liege noch keine Kündigung vor, erklärte eine Sprecherin. (APA, 19.2.2013)