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Bei der Spargelernte winken 1000 Euro Monatslohn - doch Asylwerber verlieren dafür die Grundversorgung.

Foto: EPA/Pleul

Wien - Es ist das lähmende Nichtstun, das viele unerträglich finden: Monatelang warten Asylwerber auf die Entscheidung der Behörden, manche weit über ein Jahr. Doch nützlich machen dürfen sie sich nicht, denn der Staat versperrt die Tür zum Arbeitsmarkt.

Ausnahme von der Regel: Ein Asylwerber kann als Saisonnier im Tourismus oder der Landwirtschaft anheuern, sofern sein Verfahren mindestens drei Monate dauert und sich kein EU-Bürger für den Job findet. Angebote gebe es reichlich, beklagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) unlängst im Standard, nur würden sie zu wenig angenommen.

Die Kontingente für befristete Beschäftigung von Ausländern legt das Sozialministerium fest: Im Vorjahr gab es 1400 Plätze im Sommertourismus, 4275 in der Land- und Forstwirtschaft und noch einmal 2380 für Erntehelfer. In Hotels und Gasthäusern winken Löhne ab 1300 Euro im Monat, in der Ernte ab 1000 Euro - klingt verheißungsvoll im Vergleich zur staatlichen Grundversorgung, die Asylwerbern in organisierten Unterkünften neben Kost und Logis, Versicherung, Bekleidungshilfe und Schulgeld noch ein Taschengeld von 40 Euro im Monat bietet.

Dennoch nahmen lediglich 450 Asylwerber im Vorjahr einen Saisonnierjob an, was Anny Knapp von der Asylkoordination mit praktischen Problemen erklärt. So müssten die Betroffenen, die nicht vom Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelt werden, erst einmal auf eigene Faust einen Arbeitgeber finden. Doch kein Asylwerber könne sich lange Bewerbungsfahrten aufs Land leisten.

Vor allem aber warnt Knapp vor einer Falle. Asylwerber bekommen nur so lange die Grundversorgung, als sie als hilfsbedürftig gelten, ergo weniger als 450 Euro im Monat zur Verfügung haben. Wer also einen Job annimmt, fällt um die Leistung erst einmal um.

Nach Ende der Arbeitssaison kann der Asylwerber zwar wieder um die Wiederaufnahme in die Grundversorgung ansuchen, muss aber in der Regel warten, erläutert Knapp, denn erst müsse jenes (vermeintlich) angesparte Einkommen aufgebraucht werden, der über der 450-Euro-Grenze lag. Solange theoretisch zumindest 450 Euro pro Monat vorhanden sind, erhält der Asylwerber keine Grundversorgung - und muss allein mit diesem Geld seinen ganzen Lebensunterhalt inklusive Quartier und Essen bestreiten.

Selbst wenn die Politik diese Fallstricke beseitigt: Statt der Beschränkung auf Saisonjobs fordert die Asylkoordination wie alle einschlägigen NGOs die Öffnung des gesamten Arbeitsmarktes - nicht nur, um den Asylwerbern einen Koller wegen Untätigkeit zu ersparen. Gäbe es die Chance, frühzeitig in einem Beruf Fuß zu fassen, falle die Integration nach einem positiven Bescheid umso leichter.

Doch in der Regierung stößt die Forderung auf taube Ohren. Die schwarze Innenministerin will eine vollständige Öffnung ebenso wenig wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer von der SPÖ, der auf die 400.000 Arbeitslosen verweist: Weil viele der derzeit knapp 22.000 Asylwerber eher schlecht qualifiziert seien, werde die Konkurrenz um jene Jobs wachsen, die ohnehin schon rar sind.

Arbeitsmarktexperte August Gächter vom Zentrum für soziale Innovation widerspricht. Zwar gibt es keine Statistik über das Bildungsniveau von Asylwerbern, doch aus Migrationsdaten liest der Forscher eine überdurchschnittliche Qualifikation heraus. Gächter glaubt deshalb nicht an eine explodierende Arbeitslosigkeit durch den Zustrom der Asylwerber - denn das Angebot an qualifizierten Jobs wachse.

Allerdings brauche es Starthilfen: Einerseits intensive Deutschkurse für Asylwerber, andererseits Aufklärung bei Firmen, um Vorbehalte zu beseitigen. Überdies sollten Kommunen die Möglichkeit bekommen, arbeitsmäßig integrierte Asylwerber auch dann behalten zu dürfen, wenn der Asylbescheid negativ ausfällt.

Leicht würde die Jobsuche für Asylwerber nicht werden, sagt Gächter, zumal kein Arbeitgeber die Garantie habe, dass die neue Kraft auch bleiben dürfe: "Man darf sich keine Wunder erwarten." (Gerald John, DER STANDARD, 19.2.2013)