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David Beckham spendet sein Einkommen in Frankreich wohltätigen Zwecken. Grund: Er will in Paris keine Steuern zahlen.

Foto: APA/EPA/Ian Langsdon

In Frankreich nimmt die Steuerflucht immer größere Ausmaße an. Doch auch die im Land verbleibenden Reichen wissen sich zu helfen - wie der britische Fußballstar David Beckham vormacht. Dem Fiskus entgehen jährlich Milliarden an Euro.

Paris - Am kommenden Sonntag, rechtzeitig zum französischen Fußballderby von Paris Saint-Germain (PSG) gegen Olympique Marseille, soll David Beckham erstmals den Rasen des Pariser Stadions Parc des Princes betreten. Frankreichs Fußballwelt liegt ihm aber längst zu Füßen. Der britische Fußballveteran (37) hat die Herzen seiner neuen Fans im Voraus erobert: Großzügig wie er ist, spendet er sein Einkommen von 800.000 Euro wohltätigen Zwecken.

Allerdings geschieht das nicht zu wohltätigen, sondern zu fiskalischen Zwecken. Beckham will in Frankreich keine Steuern zahlen. Seine Anwälte verhandelten darüber monatelang mit den PSG-Managern. Schließlich wurde sein erster Spielervertrag auf fünf Monate befristet. Denn ab sechs Monaten, das heißt ab mehr als der Hälfte des Jahres, hätte Beckham nach bilateralem Steuerrecht als in Frankreich wohnhaft gegolten; damit hätte er all seine Einnahmen in Paris versteuern müssen. Nun kann er dies weiterhin in London tun, wo sein Familienunternehmen auch mit Sponsoring und Accessoires Millionen umsetzt und wenig Steuern zahlt.

Nur den für französische Fußballprofis anfallenden Mindestlohn von 2200 Euro im Monat kann Beckham nicht gut ausschlagen: Er ist obligatorisch. Das wird den geschäftstüchtigen Briten aber natürlich auch nicht in die Armut stürzen. Als kleine Entschädigung spendiert ihm der Klub fürs Erste die imperiale Suite (320 Quadratmeter) im Luxushotels Le Bristol. Kosten: 17.000 Euro - nicht im Monat, sondern pro Nacht. Steuerbetrug ist das mitnichten. So wie der Schauspieler Gérard Depardieu sein Domizil Ende 2012 nach Belgien verlegte - und aus Protest gegen die Steuerpolitik des französischen Präsidenten François Hollande gleich die russische Staatsbürgerschaft annahm. Der Pariser Stadtpalast des Kinostars, eines ebenso guten Geschäftsmanns wie Beckham, ist für 50 Millionen Euro zum Verkauf ausgeschrieben.

Wie Le Figaro berichtet, stoßen derzeit reiche Bewohner der französischen Hauptstadt "massenweise" ihre Immobilien ab: Im vornehmen 6. oder auch im 16. Bezirk von Paris stehen 65 Prozent mehr Wohnungen mit einem Wert von mehr als 1,5 Millionen Euro zum Verkauf als noch vor einem Jahr.

Laut der Unternehmervereinigung Génération Entreprise haben seit der Wahl Hollandes 5000 Franzosen ihr Land aus fiskalischen Gründen verlassen. Der Grund ist nicht weit zu suchen. Die neue französische rot-grüne Regierung dreht weiter an der Steuerschraube, die schon der bürgerliche Präsident Nicolas Sarkozy kräftig angezogen hatte.

Von der Mehrwert- bis zur Vermögenssteuer haben in den vergangenen zwei Jahren in Frankreich fast alle Abgaben zugenommen. Hollandes emblematische 75-Prozent-Taxe ist zwar wegen juristischer Einwände noch nicht in Kraft; dafür hat er, was weniger bekannt ist, eine neue 45-prozentige Steuerklasse für Jahreseinkommen von mehr als 150.000 Euro eingeführt; und sie betrifft bedeutend mehr Erwerbstätige als die Millionensteuer.

Alle Einnahmenquellen des französischen Fiskus sind betroffen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 20 Prozent ist beschlossene Sache. Die Unternehmenssteuer erreicht in Frankreich mittlerweile 36 Prozent, das sind zwölf Prozent mehr als der EU-Schnitt. Auch bei der Kapitalbesteuerung legt Frankreich unter dem Druck der Krise zu. Nach Angaben der Wirtschaftszeitung La Tribune dürften die Neuerungen in diesem Bereich dazu führen, dass Frankreich den bisherigen Rekordhalter Dänemark heuer übertreffen wird; damit erringt Paris den internationalen Spitzenplatz bei der Kapitalbesteuerung. Das sonst nicht zur Polemik neigende Blatt bezeichnet Frankreich deshalb als "Steuerhölle".

Viele Mittel und Wege

So wie der Fall Depardieu die Absetzbewegung begüterter Steuerexilanten illustriert, wirft das Beckham-Arrangement ein Schlaglicht auf die Praktiken in Frankreich selbst. Auch wer sein Geld nicht ins Ausland schafft, sondern in Frankreich bleibt, zahlt dort nicht unbedingt seine Steuern. Große französische Konzerne verlagern ihre Niederlassungen in Steuerparadiese und heuern ausländische Manager kaum mehr nach französischem Recht an. Dank der neuen Technologien finden sie problemlos Mittel und Wege, ihre Kaderleute offiziell im Ausland anzusiedeln.

Diese Steuertricks sind legal. Ihr Umfang, das heißt ihr Verlust für den französischen Fiskus, lässt sich nicht schätzen. Allein Steuerflucht und -betrug werden in Frankreich von der Gewerkschaft auf 60 bis 80 Milliarden Euro im Jahr beziffert. Das ist mehr als der Ertrag der Einkommenssteuer, und ein Fünftel aller Steuereinkünfte Frankreichs. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 19.2.2013)