Islamabad - Bei einem Anschlag auf Schiiten im Südwesten Pakistans sind am Samstag mindestens 80 Menschen getötet worden und rund 180 weitere verletzt worden. Die schwere Explosion wurde durch eine ferngezündete Bombe ausgelöst, wie die pakistanischen Behörden mitteilten. Der Anschlag ereignete sich in der überwiegend von Schiiten bewohnten Stadt Quetta. Die Rettungskräfte befürchteten noch weitere Todesopfer, da einige der fast 180 Verletzten in einem kritischen Zustand seien, wie ein Polizeisprecher am Sonntag sagte.
Zu dem Anschlag bekannte sich die sunnitische Extremistengruppe Lashkar-e-Jhangvi, die von einheimischen Geheimdiensten als zunehmende Bedrohung für die Stabilität in der Region angesehen wird. Die bis zu 1000 Kilogramm schwere Bombe war in einem Wasser-Tankwagen versteckt gewesen und am Samstagabend auf einem belebten Markt in Quetta explodiert. Ein zweigeschossiges Haus stürzte ein.
Offizieller Trauertag
Der Sonntag wurde zum offiziellen Trauertag erklärt. Premierminister Raja Pervez Ashraf verurteilte den Anschlag und bekräftige die Entschlossenheit Pakistans, den Terrorismus zu bekämpfen. "Die Terroristen werden es nicht schaffen, unseren Willen durch solch feige Taten zu brechen", sagte Ashraf.
Viele Verletzte in kritischem Zustand
Die Bombe explodierte auf einem belebten Markt nahe einem von Muslimen schiitischer Glaubensrichtung bewohnten Stadtteil. Durch die Wucht der Explosion wurde ein großes Gebäude zerstört, zahlreiche Geschäfte wurden beschädigt, wie ein Polizeichef sagte. Viele der Verletzten befänden sich in einem kritischen Zustand. Schiitische Gruppen riefen aus Protest zu Streiks auf.
Polizeichef Zubair Mehmood sagte, dass ein mit Sprengsatz beladener Wasser-Tanklaster neben den Säulen eines zweistöckigen Gebäudes geparkt worden sei. Durch die Wucht der Explosion sei das Gebäude eingestürzt. In den Krankenhäusern wurde nach Angaben von Minister Durrani der Notstand erklärt. Ein AFP-Fotograf zählte allein in einem der Krankenhäuser 30 Leichen.
Polizei mit Steinen beworfen
Beamten und Augenzeugen zufolge versammelte sich nach dem Attentat eine wütende Menschenmenge rund um den Anschlagsort, die Polizisten, Rettungskräfte und Reporter am Zugang hinderten. "Sie waren wütend und begannen mit einem Protest, einige bewarfen die Polizei mit Steinen", sagte Durrani. Einige Demonstranten seien bewaffnet gewesen und hätten Schüsse in die Luft abgegeben, später hätten sie Polizei und Rettungskräften Zugang gewährt.
Ein Sprecher der Schiiten-Gruppen in der Region, Sayed Qamar Haider Zaidi, warf der Regierung in Islamabad Untätigkeit beim Schutz der Schiiten-Gemeinde vor. Der Sprecher rief eine dreitägige Trauer für die Opfer des Anschlags aus.
Vorwürfe gegen die Regierung
Schiiten in der öl- und gasreichen Provinz Baluchistan werden immer wieder Ziel von Anschlägen. Mitte Januar hatte Pakistans Regierungschef Raja Pervez Ashraf die Provinzregierung entlassen, nachdem bei einem Doppelanschlag in Quetta über 90 Menschen getötet worden waren. Familien der Opfer hatten sich damals aus Protest gegen den fehlenden Schutz durch die Regierung tagelang geweigert, ihre Toten zu bestatten und stellten dutzende Särge in der Hauptstraße von Quetta auf.
Der Anschlag vom Jänner war der schlimmste in den Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten in Pakistan. In der Provinz Baluchistan sind zudem islamistische Aufständische aktiv, außerdem gibt es seit 2004 einen regionalen Aufstand. Die Rebellen fordern politische Autonomie und einen größeren Anteil an den Profiten durch die natürlichen Ressourcen der Gegend. (APA, 16.2.2013)