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Luc Alphand hat so bald nicht vor, mit Abenteuern aufzuhören.

Foto: APA/EPA/Gindl

Schladming - "Die Atmosphäre in der Mannschaft ist großartig. Es gibt keinen Druck von den Medien. Die Athleten haben genug Kraft. Und sie haben einfach Spaß beim Skifahren." Ziemlich einfach stellt sich für Luc Alphand, den Gesamtweltcupsieger von 1997, das Erfolgsgeheimnis des französischen Teams dar.

Alphand, der in seiner Karriere zwölf Weltcupabfahrten, davon drei in Kitzbühel, gewonnen hat, weilt in Schladming, um dem französischen Volk via Fernsehen die Ski-Welt zu erklären. Dem 47-Jährigen macht das Kommentieren derzeit sehr viel Spaß. Vier Medaillen hat die Grande Nation schon gewonnen, jene von Marion Rolland in der Abfahrt und von Tessa Worley im Riesentorlauf glänzen in Gold. Dabei steht mit dem abschließenden Herren-Slalom am Sonntag die vermeintlich größte Chance auf eine Medaille noch aus.

"Die Athleten haben ihre Chance am richtigen Tag genützt", sagt Alphand dem Standard, "nehmen wir Gauthier de Tessières. Er war vier Tage vor dem Super-G noch zu Hause, hat wahrscheinlich geweint, weil er sich nicht für die WM qualifiziert hat. Dann wird er angerufen - und fährt zu Silber." De Tessières sprang für den verletzten Johan Clarey ein, die Vorbereitungszeit war kurz. "Er hatte gar nicht trainiert", sagt Alphand, "er war davor nur mit seiner sechsjährigen Nichte Sixtine frei Ski fahren."

Alphand verweist aber darauf, dass das französische Team auch schon anders konnte. "Bei der WM 2003 in St. Moritz gab es null Medaillen. Vor Olympia 2010 in Vancouver glaubten wir nach zwanzig Weltcup-Podestplätzen an viele Erfolge. Geworden ist es erneut keine einzige Medaille."

Vor etwa sieben Jahren stand der französische Verband vor dem Bankrott. " Die Regierung hat rettend eingreifen müssen", sagt Al-phand, "es war kein Geld vorhanden, kein Nachwuchsteam, kein Programm, nichts."

Die Situation hat sich seither stark verbessert. Sponsoren und Unterstützer wurden wieder ins Boot geholt, etwa das Syndikat der Skilifte in Frankreich und die französische Skischule ESF, die größte Europas. "Skifahren bei uns ist aber natürlich nicht mit Österreich zu vergleichen", sagt Alphand, "es ist ein sehr kleiner Sektor." Der Verband hat ein Budget von rund vier Millionen Euro, das ist etwa ein Fünftel des ÖSV-Budgets für die alpinen Skifahrer. "Aber jetzt gibt es wieder ein Nachwuchsteam."

Schon im Europacup fährt Alphands 17-jährige Tochter Estelle mit, Ähnliches haben Nils (16) und Sam (15) im Sinn. Estelle, die auch einen schwedischen Pass besitzt, holte bei den Olympischen Jugendspielen 2012 in Innsbruck vier Medaillen. "Sie wird Ende Februar bei der Junioren-WM in Quebec starten", sagt Alphand.

Alphand ist der einzige Gesamtweltcupsieger, der die Trophäe nur mit Punkten in Abfahrt und Super-G gewonnen hat. Dem Speed blieb er auch nach dem Ende seiner Ski-Karriere treu, er sattelte auf Motorsport um, und 2006 gewann er sensationell die Rallye Dakar. "Das hört sich heute noch unglaublich an, sogar für mich", sagt er.

Bei einem Rallye-Unfall im Juni 2009 in Frankreich erlitt er schwere Verletzungen an der Wirbelsäule, ein Jahr später trat er offiziell zurück. Ob er sich ein Amt als Trainer oder Funktionär im Skiverband vorstellen könnte? "Skifahren ist zu weit weg", sagt Al-phand, "ich segle lieber." Nicht auf irgendeinem Boot, sondern zum Beispiel auf dem Trimaran Hydroptère, der schnellsten Segelyacht der Welt.

Sechs Monate im Jahr verbringt Alphand auf See, spätestens in zwei Jahren will er in einem Wettrennen um die Welt segeln. "Das ist die zweite Kehrtwendung in meinem Leben. Ich liebe den Sport, ich will entdecken, ich brauche Abenteuer. Die Welt ist so groß, ich kann nicht lange an einem Ort bleiben." (David Krutzler; DER STANDARD, 16./17.2.2013)