Jetzt ist es vorbei mit der Zurückhaltung. Am Donnerstagabend starteten Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und Neopolitiker Frank Stronach offiziell in den niederösterreichischen Wahlkampf - auf Plakaten befehden sie einander schon länger. So unerträglich sein Gehabe auch ist, man muss Stronach fast ein wenig dankbar sein, dass er sich in die Wahl eingemischt hat. Denn die Ideenlosigkeit der anderen Parteien, wenn es darum geht, der ÖVP die absolute Mehrheit abzujagen, ist zum Weinen.

Seit Jahren versuchen SPÖ, FPÖ und Grüne, den schwarzen Landesregierern nachzuweisen, dass sie mit dem Landesvermögen fahrlässig umgegangen sind. Ein Big Bang à la Salzburg blieb allerdings aus. Die ÖVP hat es verstanden, ein kompliziertes Konstrukt rund um die Landesfinanzen aufzubauen, sodass der gemeine Wähler ohnehin ratlos zurückbleibt. Die anderen Parteien können nur versuchen, an das dumpfe Bauchgefühl zu appellieren, dass da irgendwas nicht in Ordnung ist.

Das versuchen sie so verbissen, dass andere, handfestere Themen auf der Strecke bleiben. Dass die Verkehrsplanung weitgehend autozentriert erfolgt - geschenkt. Dass die Betreuung der allerkleinsten Kinder ein Vermögen kostet, wenn man überhaupt einen Platz findet - niederösterreichische Realität, über die sich niemand aufpudelt. Dass die quasi nicht vorhandenen Minderheitenrechte im Landtag echte Kontrolle verhindern - offenbar kein Thema.

Jede Partei macht es der ÖVP auf ihre Art und Weise leicht, sich in ihrem eigenen Glanz zu sonnen. Die SPÖ setzt auf maximale verbale Konfrontation, während sie gleichzeitig - Proporz sei Dank - zwei Landesräte stellt. Kantige Oppositionspartei und konstruktive Regierungskraft gleichzeitig sein, das geht auf Dauer nicht zusammen.

Die FPÖ ist halt die FPÖ, rechter als in anderen Ländern und daher unfähig, Wähler außerhalb der Kernklientel anzusprechen. Und die Grünen haben mit Madeleine Petrovic eine Spitzenkandidatin, deren echtes Herzensanliegen - nämlich das Tierschutzhaus - überhaupt nichts mit niederösterreichischer Landespolitik zu tun hat. Vor allem ihr eigentliches Kernthema, die Ökofrage, vernachlässigen die Grünen sträflich.

Alle drei Parteien werden im Schatten der ÖVP zerrieben; sie hatten in den letzten Jahren mit internen Querelen zu kämpfen, die die Schwarzen weidlich ausschlachten. Deren Parteiapparat hingegen ist gut geölt und ganz auf das Sammeln von Vorzugsstimmen ausgerichtet. Selbst Wähler, die sich mit der ÖVP nicht wirklich anfreunden können, finden vielleicht den einen oder anderen Bezirkskandidaten gut - und verschaffen, Wahlrecht sei Dank, mit ihrem Kreuzerl der ÖVP eine Stimme.

Bleibt also Frank Stronach. Und selbst der legt der ÖVP einen Elfer nach dem anderen auf. Etwa weil er nicht zur Wahlkonfrontation des ORF kommt. Das passt alles perfekt in die schwarze Strategie, ihn als landesfernen, schrulligen Eh-nicht-wirklich-Politiker hinzustellen.

Es wäre also nicht weiter verwunderlich, wenn es der ÖVP gelingt, am 3. März ihre absolute Mehrheit in die nächste Legislaturperiode hinüberzuretten. Nicht weil mehr als 50 Prozent der Niederösterreicher uneingeschränkt zufrieden sind damit, was die Schwarzen machen. Der vielleicht größte Trumpf der ÖVP ist die schwächelnde Konkurrenz. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 15.2.2013)