In ihrem Schatten verblasst die politische Konkurrenz im niederösterreichischen Landtagswahlkampf: Landeshauptmann und ÖVP-Landeschef Erwin Pröll ...

Foto: standard/cremer

... und Neo-Parteigründer Frank Stronach traten Donnerstagabend zum Fernduell an.

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Schwechat/Tulln - Die Schockstarre der niederösterreichischen VP währte nur wenige Minuten. In der Abendausgabe der "Kronen Zeitung" vom 22. Dezember gab Frank Stronach bekannt, dass er sich höchstselbst in den Wahlkampf einmischen wird - als Spitzenkandidat, der gar nicht daran denkt, selbst in den Landtag einzuziehen.

Um 18.23 Uhr ratterte bereits die Reaktion von VP-Landesgeschäftsführer Gerhard Karner über die Nachrichtenagentur, auf die Schnelle geriet sie sprachlich ein wenig, na ja, verbesserungswürdig: "Im täglichen Leben ist Stronach nie da, wie er auch selbst sagt und gar nicht in den Landtag will." In Kanada residieren, in Niederösterreich kandidieren, so lautet der schwarze Generalvorwurf, der seither den Landtagswahlkampf dominiert.

Für die VP mag Stronachs Antreten lästig sein; für die anderen Parteien könnte es sich fatal auswirken. Denn wenn so wie gestern, Donnerstag, Landeshauptmann Erwin Pröll und Stronach zum Wahlkampf-Halali blasen - der eine in Schwechat, der andere in Tulln, beide nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe des Standard - dann geraten Rote, Blaue und Grüne ins (mediale) Hintertreffen. Umso bemerkenswerter ist, dass es Stronach-Berater Rudolf Fußi zuzuschreiben sein soll, dass der kanadische Multimillionär in Niederösterreich kandidiert. Fußi, so verbreiten es zumindest die Schwarzen, soll auch ein Vertrauter von SP-Chef Josef Leitner sein.

Das Kalkül: Stronach soll helfen, Pröll die absolute Mehrheit wegzunehmen, und so indirekt die Roten unterstützen; diese hatten in der vergangenen Legislaturperiode besonders unter der VP zu leiden, weil sie aufmüpfig waren. Für den Fall, dass der Schuss nach hinten losgeht, gibt sich Leitner präventiv bescheiden. Sein Wahlziel sind 27 Prozent, das wären gerade einmal plus 1,5 Prozentpunkte im Vergleich zur Landtagswahl 2008.

Offene Rechnungen mit ÖVP

Verschwörungstheorien hin oder her, Stronach hat mit der VP einige Rechnungen offen. So untersagte ihm der damals für Raumordnung zuständige Landesrat Wolfgang Sobotka 1999 den Bau seiner Weltkugel in Ebreichsdorf. Stronach sagt, Pröll habe ihm mündlich seine Zustimmung versichert, der Landeshauptmann dementierte das erst kürzlich im Gespräch mit dem Standard entschieden. Dabei gab es auch bessere Zeiten, einst fühlte man sich sogar bemüßigt, dem Unternehmer Stronach ein blau-gelbes Ehrenzeichen zu verleihen.

Doch es folgten ein nie begonnener Stadionbau in Wiener Neustadt, für den Stronach eine Landeshaftung haben wollte; die Fußballakademie in Hollabrunn, von der er sich zurückzog; und eben die Weltkugel. In den letzten Tagen gab es ein wahres Pressekonferenz-Stakkato der schwarzen Landesregierer, bei dem genüsslich alle gescheiterten Stronach-Projekte aufgezählt wurden.

Warum Stronach in NÖ ins Rennen geht

Es gibt auch ein pragmatisches Argument dafür, Stronach ausgerechnet in Niederösterreich persönlich ins Rennen zu schicken. Das Wahlrecht sieht vor, dass der Name auf dem Wahlzettel die Partei schlägt. Dementsprechend ist der schwarze Wahlkampf ganz auf Pröll zugeschnitten, der es 2008 auf mehr als 300.000 Vorzugsstimmen brachte. Das geht so weit, dass auf den meisten Inseraten oder Plakaten die Volkspartei nicht einmal im Kleingedruckten erwähnt wird. Und eine Partei ohne Basis wiederum wie das Team Stronach braucht dringend Vorzugsstimmen für den Chef.

Eine direkte Konfrontation der beiden Alphamänner wird es vor der Wahl übrigens nicht geben. Stronach sagte für die "Elefantenrunde" des ORF ab, mit dem Argument, es mache keinen Sinn, "wenn jeder gegen jeden brüllt". Tatsächlich dürfte das vor allem die Spitzenkandidaten von SP, FP und Grünen aufatmen lassen; Josef Leitner, Barbara Rosenkranz und Madeleine Petrovic würden wohl kaum zu Wort kommen, wenn Pröll und Stronach loslegen.

Die beiden laufen übrigens auch am Wahlabend nicht Gefahr, sich über den Weg zu laufen. Stronach hat angekündigt, den 3. März, an dem in Niederösterreich und Kärnten gewählt wird, in Oberwaltersdorf verbringen zu wollen. Das sei schließlich in der Mitte zwischen den beiden Bundesländern. Vielleicht von Kanada aus betrachtet. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 15.2.2013)