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Marlies Schild verkündet ihr Comeback.

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Vier Tage mit voller Intensität hat Schild erst in den Skischuhen. Am Donnerstag wird noch in Hinterreit trainiert.

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Dienten/Schladming - Konzentriert hat Stefan Bürgler den Trainingslauf von Marlies Schild in Dienten am Hochkönig betrachtet. Tausende Male hat Bürgler der 31-jährigen Salzburgerin dabei schon zugesehen, seit 1995 ist er Schilds Trainer und Vertrauensperson. Er weiß, wann sie sich gut fühlt und schnell unterwegs ist - auch ohne Zeitnehmung. "Von den Schwüngen her ist sie noch nicht ganz dort, wo sie vorher war", sagt Bürgler. "Aber wir haben am Donnerstag noch ein Training in Hinterreit. Da hoffen wir, dass wir es für Schladming hinbringen."

Am Mittwoch bestätigte Schild direkt nach ihren Slalomläufen ihr überraschendes Comeback beim WM-Slalom am Samstag. Dabei hatte sie sich vor nicht einmal zwei Monaten bei einem Trainingssturz in Aare, Schweden, das Innenband im rechten Knie gerissen. "Es ist ein Geschenk, dass ich fahren darf", sagte Schild. "Was dabei rauskommt, ist zweitrangig, darüber denke ich nicht nach. Es ist ein Versuch, und ich freue mich darauf."

Die Verletzung passierte Schild am 20. Dezember 2012, nach der Operation in Innsbruck gingen die Ärzte noch von einer dreimonatigen Pause aus. " Für mich war klar: Die Saison ist abgeschlossen, vielleicht sogar die Karriere", sagte Schild. "Nach ein paar Tagen habe ich aber gespürt, dass ich meinen Muskel anspannen kann."

Und weil Schild spürte, fühlte und wollte, bastelten Ärzte, Physiotherapeuten, Trainer und Mentalbetreuer an einem Plan, dessen Verwirklichung zwei Wochen nach dem Sturz noch mit fifty-fifty beurteilt wurde. Nach fünf Wochen und intensiven Reha-Einheiten wurde erstmals ein Skitraining in Erwägung gezogen. "Natürlich hat es mir Kopfzerbrechen bereitet, ob das alles so hält", sagte Schild. "Ob es auch dann stabil ist, wenn die Piste schlechter wird. Ob ich Schmerzen habe, wenn es den Ski verzieht, ob es womöglich wieder reißen kann. Aber ich stehe jetzt am Start und habe absolutes Vertrauen."

Den Heilungsverlauf hat der behandelnde Arzt Gernot Sperner bis zuletzt beobachtet. Auch er versuchte den Traum seiner Patientin von einem WM-Start bestmöglich zu unterstützen. Die medizinische Startfreigabe erteilte er aber mit gewissen Einschränkungen. "Meine anfängliche Skepsis war durchaus gegeben", sagte Sperner dem Standard. Die wurde mit dem problemlosen Heilungsverlauf weniger, gänzlich löste sie sich nicht auf.

"Bei normaler Belastung im Rennen ist die Verletzungsgefahr gleich groß wie bei anderen Sportlerinnen auch" sagte er. Wird das Knie bei einer unüblichen Drehung nach außen aber stark belastet, sei Schilds Knie " verletzbarer", wie es Sperner nennt. "Das ist eine erhöhte Gefahr. Aber es ist ein kalkulierbares Risiko." Mit einer Schutzschiene fährt sie nicht. "Das hat beim Slalomfahren zu sehr gestört."

Sechs Trainingstage auf Schnee hat Schild erst hinter sich, davon laut Coach Bürgler vier Tage mit voller Intensität. Auch Schwester Bernadette Schild, die ebenfalls ein Fixticket für den WM-Slalom hat, war bei einigen Läufen mit dabei. Marlies ist schmerzfrei, nur im Rücken zwickt es leicht.

Ein Dank an das Team

"Ich freue mich, dass ich die Möglichkeit bekomme, meinen Titel zu verteidigen", sagt Schild. Erwartungen hat sie keine. "Ich habe das Gefühl, ich kann voll attackieren. Ich denke gar nicht an das Knie, das ist perfekt. Das Schöne ist, dass ich wieder großen Spaß dran habe. Danke an das ganze Betreuerteam."

Ob sie die Strapazen nur wegen der WM in der Heimat auf sich genommen habe, wurde Schild gefragt. Ihre Antwort war kurz, aber bestimmt: "Nein." Nervös vor dem Auftritt in Schladming ist die Gewinnerin von 33 Weltcup-Slaloms nicht. "Ich bin noch nie zu einer WM mit so wenig Druck gefahren wie diesmal. Dass ich eine Kämpferin bin, weiß man. Und dass ich nichts anbrennen lasse, wenn ich irgendwo eine Chance sehe, weiß man auch." (David Krutzler, DER STANDARD, 14.2.2013)