Pro: Raue Bombe
Von Karin Pollack
Es gibt große und kleine Probleme im Leben, schwierige und einfache Entscheidungen, gute und schlechte Menschen. Alles nicht einfach. Schön, dass es da auch noch die harmloseren Dinge gibt. Twinni: orange oder grün? Nimm zwei: gelb oder orange? Oder eben Schwedenbomben: mit Raspel oder ohne. Von den süßen Hauben behauptete meine deutsche Mutter (sie nannte sie übrigens einst Negerküsse, dann wurden sie Dickmanns) immer, es seien die Süßigkeiten mit den wenigsten Kalorien, sie durften sogar bei Diäten genascht werden. Das machte die Entscheidung einfach. In der Leichtigkeit muss man das Üppige wählen, mit Raspel, Kokos ist anderenorts ein Hauptnahrungsmittel.
Mundtechnisch ist die nackte Version von der Form her ein eher verfänglicher Genuss, ruft Fantasien wach. Das Glatte verschränkt sich nicht mit der Süße. Schäume sind Träume. Da ist die raue Schwester eine stimmigere Variante. Oder sind etwa all diese Gedanken nur bombenmäßig schlechte Einbildung, Raspel ohne Sinn?
Kontra: Nur der Schaum zählt
Von Birgit Baumann
Welch glückliche Kindheitserinnerung! Die Mama stellt die Schwedenbomben auf den Tisch, und wir dürfen aussuchen. Alle grapschen gierig nach den weiß beschneiten Kokosbomben. Alle, alle wollen bloß die Raspeln.
Man selbst ist ganz entspannt. Man weiß, dass die schwarzen glatten übrig bleiben. Das sind schließlich die einzig wahren. Die Raspeln lenken nur ab. Sie schmecken nach Kokos, was man ihnen nicht grundsätzlich vorwerfen kann. Aber dieser Geschmack übertüncht alles. Die Raspeln hängen zwischen den Zähnen, picken auf der Zunge, sie verfremden den eigentlichen Genuss: den Schaum im Inneren der Bombe.
Der Schaum, ein Traum. Um den geht es doch. Und da ist es gut, wenn die Außenhülle so dünn und unauffällig wie möglich ist. Die hauchzarte Schokohülle ist der maximal zulässige Kompromiss. Sie wird nur akzeptiert, weil ja irgendetwas den herrlichen Schaum zusammenhalten und vor Austrocknung schützen muss, bevor er sich im Mund entfalten kann. Raspeln hingegen stören nur. (Rondo, DER STANDARD, 15.2.2013)