Umweltlandesrat Pupp: "Gemeinden sollen sich zusammenschließen und über Wasserkraftgesellschaften Geld verdienen."

Foto: Uwe Schwinghammer

Mit neuen Kraftwerksprojekten müsse man behutsam umgehen und besser kooperieren, so Thomas Pupp. Mit dem Umweltlandesrat von Tirol sprach Verena Langegger.

Standard: Umweltschützer kritisieren die Genehmigung für den Liftbau auf den Piz Val Gronda im Paznauntal. Den positiven Bescheid für die Ischgler Silvretta-Seilbahnen haben Sie von Ihrem Vorgänger geerbt. Der Lift steht auch dafür, wie das Land mit der Ressource Natur umgeht. Stehen Sie hinter der Entscheidung?

Pupp: Das ist ein sehr sensibles Thema. Mir ist die Natur wirklich sehr wichtig: Ich war lange genug Vorsitzender der Naturfreunde in Tirol. Der Piz Val Gronda hätte schon vor 15 Jahren zum Schutzgebiet werden sollen. Auf der anderen Seite ist es schwierig, ein Projekt wie dieses über Jahrzehnte hinweg zu verhandeln. Das letzte Projekt hat schließlich auf alle Kriterien Bedacht genommen, also wurde es positiv bewertet. Es gibt auch keine neue Skipiste, man kommt mit zwei Liftstützen aus. Es wird also relativ wenig in die Natur eingegriffen.

Standard: Die EU forderte kürzlich, dass der Piz Val Gronda zum Schutzgebiet werden sollte. Wäre das nicht ein günstiges Ausstiegsszenario aus dem Liftprojekt?

Pupp: Man muss prüfen, ob sich die EU auf das aktuelle oder ein altes Projekte bezieht. Es gibt ja beim aktuellen Projekt sowohl eine Ausgleichsfläche für das seltene Steinhuhn und kaum Beeinträchtigungen für geschützte Pflanzen wie den Mähnenpippau und den Pacher'schen Löwenzahn.

Standard: Warum ist dieser Liftbau so schwer zu stoppen?

Pupp: Weil es einen rechtskräftigen Bescheid gibt. Was jetzt folgt, ist das Genehmigungsverfahren für den Seilbahnbau.

Standard: Braucht es diesen Lift wirklich? In einem Skigebiet mit 238 Pistenkilometern?

Pupp: Größere Skigebiete wollen sich mit Skigebieten in der Schweiz und Frankreich vergleichen und glauben, dass sie mit den Pistenkilometern einen Wettbewerbsvorteil haben. Subjektiv erfahrbar ist so eine Größenordnung für den Skifahrer eigentlich gar nicht.

Standard: Wäre nicht unberührte Natur auch ein Wunsch von Touristen, die Tirol bereisen?

Pupp: Diese nicht geschönten Bilder der Natur sind unsere Assets, ein Alleinstellungsmerkmal. Weil ich auch selber am Berg unterwegs bin, weiß ich das aus eigener Erfahrung. Wir haben einzelne hochentwickelte Zentren, wo sich der Tourismus konzentriert. Aber auch in diesen Gegenden komme ich in 45 Minuten Gehzeit in die freie Natur. Das sind Kraftorte und ein Erholungsraum.

Standard: Hat zumindest relativ unberührte Natur in Tirol derzeit überhaupt einen Stellenwert? Auch Kraftwerke werden oft an Orten geplant, wo (wie in Telfs) ein seltener Fisch schwimmt. Oder am Fuße des Nationalpark Hohe Tauern an der Oberen Isel? Warum geht das nicht woanders?

Pupp: Es gibt den Kriterienkatalog, der Kraftwerksbauten regelt. Aber man müsste den Gemeinden aktiv helfen, sich bei neuen Kraftwerksbauten zusammenzuschließen. Und gemeinsam zu bauen und gemeinsam über eine Wasserkraft-Gesellschaft zu verdienen. Damit nicht der Eindruck entsteht, der eine Ort profitiert von einem Kraftwerk und der andere geht leer aus. Nachdenken muss immer möglich sein. Über alle Projekte. Die Politik muss aber rechtzeitig sagen, was geht und was nicht.

Standard: Entscheidungen scheinen manchmal nicht zeitgemäß, ebenso wie die Vermarktung von Land und Politikern. Sind Sie als Werbeprofi eigentlich zufrieden mit dem Tirol-Bild?

Pupp: Ich habe nie verstanden, dass die offiziellen Bilder von Tirol so traditionell sind. Immer nur Schützenformationen und Tracht. Bei allem Respekt - Tirol ist doch viel mehr: Es gibt zeitgenössische Kultur, innovative Unternehmen oder internationale Architektur.

Standard: Warum gibt es das dann nicht in der Darstellung?

Pupp: Das hat wohl mit der regierenden Volkspartei zu tun. Die traditionellen Bereiche werden in den Vordergrund gerückt. Ich glaube, das wollen die Menschen aber gar nicht mehr. Urbanität und Internationalität findest du überall zwischen St. Anton und Lienz. (Verena Langegger, DER STANDARD, 13.2.2013)