Die heiß diskutierte Festplattenabgabe soll nicht einen Schadenersatz für Urheberrechtsverletzungen schaffen, sondern eine Abgeltung für legale Privatkopien auf Computern. Doch diese gibt es aufgrund von technischen und rechtlichen Entwicklungen nicht mehr.

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Die derzeit diskutierte Einführung einer Festplattenabgabe soll Rechteinhabern einen gerechten Ausgleich für rechtmäßige Privatkopien verschaffen. Das wirft aber die Frage auf, in welchem Umfang die Nutzer überhaupt noch ein Recht auf digitale Privatkopien haben.

Der Zweck der Festplattenabgabe ist es nicht, den Rechteinhabern einen Schadenersatz für Urheberrechtsverletzungen zu gewähren. Ein derartiger kollektivierter Schadenersatz, der vom Gesetzgeber statt einem unabhängigen Gericht zugesprochen wird, wäre aus rechtsstaatlicher Sicht auch höchst bedenklich.

Bei der Festplattenabgabe geht es tatsächlich nur darum, den Rechteinhabern einen gerechten Ausgleich für die Möglichkeit der Nutzer zu verschaffen, zulässige digitale Privatkopien zu erstellen, ohne dafür eine Extralizenz erwerben zu müssen.

Kaum zulässige Kopien auf Festplatten

Der Haken daran: Das Recht auf digitale Privatkopien erweist sich zwischenzeitig als totes Recht. Wenn man den Inhalt einer durchschnittlichen Festplatte betrachtet, wird man darauf kaum eine zulässige Privatkopie finden.

Von einem Freund kopierte Software kann keine zulässige Privatkopie sein, da Computerprogramme vom Recht auf Privatkopie per Gesetz explizit ausgenommen sind. Bei Software-Kopien handelt sich vielmehr entweder um eine - je nach deren Lizenzbedingungen - zulässige Kopie (z. B. bei Open Source) oder um eine klare Urheberrechtsverletzung.

Die von einem selbst geschossenen Urlaubsfotos darf man als Urheber beliebig vervielfältigen, jene eines Freundes nur mit dessen Zustimmung. Die beim Streaming eines Filmes entstandene temporäre Kopie ist ebenfalls keine Privatkopie: Hier handelt es sich nämlich um eine bloß flüchtige und begleitende Vervielfältigung, die von anderen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes für zulässig erklärt wird. In all diesen Fällen bleibt für die Privatkopie daher kein Raum.

Damit bleiben zum einen Privatkopien von Kinofilmen oder Fernsehserien übrig, welche der Nutzer auf DVD oder Bluray-Discs erworben hat. In der Praxis ist das Kopieren dieser Discs aber weder möglich, noch zulässig, da sie überwiegend mit technischen Kopierschutzmechanismen ausgestattet sind, welche die Erzeugung von Privatkopien verhindern. Auch wenn sich derartige Kopierschutzmaßnahmen leicht umgehen lassen, stellt ihre Umgehung jedenfalls eine Urheberrechtsverletzung dar. Kopien von derart geschützten Originaldatenträgern können daher keinesfalls zulässige Privatkopien sein.

Unbezahlte Musik

Zum anderen ist an Privatkopien von Musikwerken zu denken: Aufgrund der leichten - legalen! - Verfügbarkeit von Musik im Internet (z. B. über iTunes) ist es aber höchst selten geworden, dass sich Freunde gegenseitig Musik-CDs auf ihre Festplatten "rippen". Wer ohne Bezahlung an Musik gelangen will, lädt sich diese zumeist von offensichtlich rechtswidrigen Quellen (wie z. B. Pirate Bay) herunter. Genau dies soll nach dem Entwurf der Urheberrechtsgesetznovelle aber keine zulässige Privatkopie mehr sein, sondern explizit als Urheberrechtsverletzung gelten.

Letztlich könnte man noch an Festplatten denken, die in Festplattenrekordern verbaut sind. Für diese wird aber bereits eine eigene Urheberrechtsabgabe eingehoben, sodass dieser spezielle Festplatten-Einsatz bereits abgedeckt ist und keiner zusätzlichen Abgabe bedarf, die Festplatten allgemein betrifft.

Damit bleibt der zulässigen digitalen Privatkopie kein Anwendungsbereich mehr - es handelt sich praktisch um totes Recht. Es erscheint kaum nachvollziehbar, für dieses tote Recht auch noch eine neue Abgabe einzufordern.

In der Diskussion über die Festplattenabgabe ist daher auch das Recht auf digitale Privatkopien miteinzubeziehen. Denn das eine ist ohne das andere nicht zu rechtfertigen. Wer eine Festplattenabgabe befürwortet, muss daher auch für eine radikale Wiederbelebung der digitalen Privatkopien plädieren. (Alexander Schnider/Lukas Feiler, DER STANDARD, 13.2.2013)