Ende März vergangenen Jahres genehmigte Brüssel 42 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) für die Sanierung von Pompeji. Weitere 63 Millionen Euro brachte der italienische Staat auf. Eine stattliche Summe, über deren rechtmäßige Anwendung die EU wachen wolle, versprach der EU-Kommissar für Regionalpolitik, Johannes Hahn. Denn Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Das trifft auf Pompeji wahrlich zu. Weshalb Italiens Kulturministerium das für die innere Sicherheit zuständige Ministerium wie auch das Ministerium für regionale Angelegenheiten um Hilfe bat. Eine dreifache Garantie, die Johannes Hahn zuversichtlich stimmte, als er mit den drei Ministern in Pompeji zusammentraf. Er bezeichnete den ersten symbolischen Spatenstich an der Casa dei Dioscuri als ersten kleinen, aber sehr wichtigen Schritt. Die Mafia werde sich nicht wieder einschleichen können.
Die Schutzmaßnahmen sind gigantisch, die Auftragsvergaben werden streng überwacht, ebenso alle Firmen, die sich bewerben. Nur solche, die den Antimafia- und Korruptionstest bestehen, werden zu den Ausschreibungen zugelassen. Doch die Mafia ist nicht die einzige Gefahr.
Einen Tag, bevor Hahn in Neapel eintraf, wurden gegen den früheren Pompeji-Sonderkommissar Marcello Fiori offiziell Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet. Der 2008 von dem damaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi eingesetzte Oberaufseher Fiori soll vor allem bei der Sanierung des antiken Theaters von Pompeji recht eigenwillig verfahren sein, allerdings nicht gegen den Willen des Kulturministeriums, wo er als leitender Beamter als des Ministers Rechtsberater fungiert. Fiori, beziehungsweise die Firma, die er für die Sanierung anheuerte, rückte dem alten Bau mit Presslufthammer und Betonmischer zu Leibe, um ihn für die Sommerspielzeit des Opernhauses von Neapel, des Teatro San Carlo, zu rüsten. Die Geschäftsführerin der Firma, Annamaria Caccavo, wurde unter Hausarrest gestellt. Ihr werden Betrug und Korruption vorgeworfen. Auch der frühere Leiter der Restaurierungsarbeiten, der Archäologe Luigi D'Amora, wird der Veruntreuung öffentlicher Mittel beschuldigt.
Regierungswechsel
Das Theater ist aber nur eine von Fioris seltsamen Sanierungsaktionen, zu denen etwa auch die Kampagne gegen streunende Hund (Kosten 110.000 Euro) gehörte. Es scheint offenkundig, dass Pompeji einer besonderen Kontrolle bedarf, zu der das Kulturministerium alleine offenbar nicht imstande ist. Oder nicht sein wollte? Die Frage ist nicht aus der Luft gegriffen, schon einem Minister, Sandro Bondi, wurde Pompeji zum Verhängnis.
Man zahlt einen hohen Preis für die Verschärfung der Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen. Und das betrifft nicht nur die Kosten für Experten, die die Lenkungsausschüsse der Sanierungsarbeiten bevölkern. Pompeij droht weiter zu verfallen. Wenn heute, ein Jahr nach der Genehmigung der Gelder, nur an zwei antiken Gebäuden Hand angelegt wird: Wie lange wird dann die Operation Pompeji insgesamt dauern?
Am 24. und 25. Februar wird in Italien gewählt, ein Regierungswechsel steht an. Laut jüngsten Umfragen hat Silvio Berlusconi gute Chancen, das Land erneut zu lenken - und somit auch das Schicksal von Pompeji. Droht der toten Stadt am Vesuv dann der nächsten Sonderkommissar? Und kann die EU darüber wachen? (Eva Clausen aus Rom, DER STANDARD, 13.2.2013)