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Der Echte Zimt ist hierzulande fast ausschließlich in Apotheken erhältlich.

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Seine Rinde ist hauchdünn.

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Der Chinesische Zimt unterscheidet sich äußerlich vom Echten Zimt durch seine dicke Rinde, ein anderes Aroma und einen viel höheren Cumaringehalt.

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Apfelkompott, Milchreis, Grießbrei - einen gemeinsamen Nenner haben diese kulinarischen Kindheitserinnerungen: das Gewürz Zimt. So fein ist sein Aroma, dass manche ihn am liebsten täglich zu sich nehmen würden.

In zahlreichen Lebensmitteln und Rezepten finden sich größere Mengen des appetitanregenden Gewürzes. So etwa in den aufgrund ihres hohen Muskatgehalts bereits besprochenen Nervenkeksen der Hildegard von Bingen ("Muskatnussvergiftung durch Kekskonsum?"): 45 Gramm Zimt kommen hier auf Kilogramm Mehl. Ob das noch als gesund gilt oder eine Belastung für den menschlichen Organismus ist, fragen wir Susanne Till vom Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien.

Zwei botanische Arten

Zimt ist die getrocknete Rinde von jungen Ästen oder Stämmen des Zimtbaums, der nur in tropischem Klima gedeiht. "Von den weltweit etwa 270 Zimtarten sind in Europa nur zwei botanische Arten relevant", schickt  Till voraus. "Hier geht es nicht um Sorten, sondern das sind zwei komplett verschiedene Pflanzen mit unterschiedlicher Herkunft", betont die promovierte Biologin mit Schwerpunkt Botanik.

Der Echte Zimt (Cinnamomum zeylanicum), auch Ceylon-Zimt oder Kaneel genannt, stammt ursprünglich aus Ceylon, dem heutigen Sri Lanka. Die Ursprungsregion des Chinesischen Zimts (Cinnamomum aromaticum) oder Kassie ist Südchina. "Die Rinde des Echten Zimts ist sehr dünn", sagt Till, "das Spektrum der Aromastoffe ist anders als beim Chinesischen Zimt, und der Cumaringehalt ist um vieles geringer." Den Chinesischen Zimt kennzeichnen dagegen dicke Rindenstücke, andere Aromastoffe und ein weitaus höherer Cumaringehalt.

Chinesischer Zimt im Lebensmittelhandel

In den heimischen Lebensmittelregalen findet sich fast ausschließlich der Chinesische Zimt. Echter Zimt ist seltener anzutreffen und außerdem eine Heilpflanze. Er ist daher in Apotheken erhältlich.

Beim Erwerb von Zimtstangen ist der Unterschied zwischen Echtem und Chinesischem Zimt relativ einfach feststellbar: Ersterer besteht aus vielen Rindenstücken, die weniger als einen Millimeter dünn sind. Sie sollten laut Till sorgfältig von den äußeren Korkteilen befreit sein - ein Zeichen für gute Qualität. Bei gemahlenem Zimt lässt sich allerdings weder die Zimt-Art noch ihre Qualität erkennen.

Echter Zimt ist im Mörser leicht zu zerkleinern und zeichnet sich durch ein feineres Aroma aus. "Die ätherischen Ölkomponenten von Echtem Zimt und Chinesischem Zimt sind einander sehr ähnlich", informiert Till, "und der Hauptbestandteil in beiden ist Zimtaldehyd." Während der Echte Zimt aber neben dem Zimtaldehyd bis zu zehn Prozent Eugenol enthält, den Hauptbestandteil im ätherischen Öl der Gewürznelke, ist das beim Chinesischen Zimt nicht der Fall. Dieser kleine Unterschied bedingt ein facettenreicheres, blumiges Aroma der Rinde vom Echten Zimt.

Fast 40-mal höherer Cumaringehalt

Cumarin kommt in beiden Zimtrinden als natürlicher Bestandteil vor, aber im Echten Zimt ist sein Anteil verschwindend gering: 0,0008 Prozent, also 0,8 Milligramm, finden sich in 100 Gramm Echter Zimtrinde. Die Rinde des Chinesischen Zimts enthält durchschnittlich etwa 30 Milligramm Cumarin pro 100 Gramm Zimtrinde und mehr. 

"Ähnlich wie das Myristicin in der Muskatnuss wird auch das Cumarin im menschlichen Körper verstoffwechselt, also in Metaboliten umgewandelt", erklärt Susanne Till. Tierversuche zeigten, dass sich aus dem Cumarin eine lebertoxische Substanz bilden könne. "Die Ratte und der Hund haben allerdings einen anderen Stoffwechsel als der Mensch", so die Expertin.

So bilde sich beim Menschen grundsätzlich ein nicht toxischer Metabolit, doch Ausnahmen bestätigen die Regel: "Menschen mit Andersartigkeiten im Stoffwechsel, zum Beispiel japanischer Ethnie oder nach einer überstandenen Hepatitis A, weisen ein erhöhtes Risiko auf, einen Metaboliten zu bilden, der als lebertoxisch gilt", sagt Till, aber dieses Feld sei noch nicht hinreichend erforscht.

Tolerable Daily Impact

Deshalb und weil Cumarin nicht nur in der Zimtrinde, sondern auch in anderen Pflanzen wie etwa dem Waldmeister vorkommt, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sogenannte Tolerable-Daily-Impact-Grenzwerte (TDI) festgelegt: Bis zu 0,1 Milligramm Cumarin pro Kilogramm Körpergewicht könne man täglich über einen unbefristeten Zeitraum zu sich nehmen. Sieben Milligramm sind das bei einem 70 Kilo schweren Menschen. Das entspricht etwa einem Kilogramm Echter Zimtrinde, aber nur 25 Gramm vom Chinesischen Zimt. Wer also stets größere Mengen von Letzterem isst, kann leichter in diesen Grenzbereich kommen.

Darüber hinaus unterliegen Lebensmittel einer Inhaltsstoffkontrolle für Cumarin. Nicht mehr als zwei Milligramm dürfen in einem Kilogramm Lebensmittel enthalten sein. "Es gibt jedoch Ausnahmen für bestimmte Karamellsüßwaren und alkoholische Getränke, da geht es hinauf bis zu zehn Milligramm pro Kilogramm und bei Kaugummi bis zu 50 Milligramm pro Kilogramm", sagt Till. "Es nimmt aber kein Mensch an, dass Sie ein Kilogramm Kaugummi essen."

Als Gewürz eingesetzt wirkt Zimt appetitfördernd und verdauungsanregend und wird bei Magen-Darm-Beschwerden angewendet. Große Mengen an Zimt oder Zimtöl führen zu Erbrechen. Mengenangaben dazu ist die Wissenschaft bislang schuldig geblieben. Doch darum gehe es auch gar nicht, sagt Till: "Wie für die Muskatnuss gilt auch für Zimt: Ein Gewürz ist mäßig zu dosieren. Und wer ein Zimtfreak ist, sollte Echte Zimtrinde essen." (Eva Tinsobin, derStandard.at, 20.2.2013)