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Der Weiße Rauch wird heuer wieder von der Sixtinischen Kapelle aufsteigen. Vermutlich für einen jüngeren Papst.

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Stefan Schima: "Ich gehe davon aus, dass Papst Benedikt sich in ein Kloster zurückziehen wird."

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Ein Papst-Rücktritt ist selten. So selten, dass ein genaues Prozedere für diesen Fall nicht existiert. Wie es nun nach dem Rückzug von Papst Benedikt XVI. weitergehen könnte, das erklärt Kirchenrechts-Experte Stefan Schima im derStandard.at-Interview.

derStandard.at: Wie ist im Kirchenrecht ein Rücktritt des Papstes geregelt?

Stefan Schima: Im kirchlichen Gesetzbuch, dem Codex Iuris Canonici von 1983, ist der Rücktritt zwar vorgesehen, aber das genaue Prozedere ist nicht festgeschrieben. Der Rücktritt muss hinreichend kundgemacht werden, also in der Öffentlichkeit, und nicht nur vor dem Wahlkollegium. Und das ist geschehen.

derStandard.at: Seit wann gibt es die Rücktrittsmöglichkeit für den Papst?

Im Codex Iuris Canonici von 1917 wurde es das erste Mal festgelegt. Seit dem ersten Papst-Rücktritt 1294 von Coelestin V. war klar, dass es möglich ist, auch wenn es im Mittelalter noch sehr lange umstritten war.

derStandard.at: Offiziell wird Papst Benedikt XVI. am 28. Februar das Amt verlassen. Wie geht es dann weiter?

Schima: Wenn die Vakanz eingetreten ist, dann muss das neue Konklave binnen 15 bis 20 Tagen zusammentreten. Und dann muss abgewartet werden, bis der weiße Rauch aufsteigt.

derStandard.at: Ist ein Zeitpunkt absehbar, an dem der neue Papst feststehen wird?

Schima: Ich könnte mir vorstellen, dass Papst Benedikt auch nach seinem Rücktritt noch faktisch daran hinarbeiten wird, dass sein Nachfolger Ostern feiern kann.

derStandard.at: Welche Auswirkungen hat es für die Nachfolgersuche, dass der Papst nicht gestorben, sondern zurückgetreten ist?

Schima: Das Wahlkollegium hat jetzt mehr Zeit für seine Entscheidung, da das Amt erst am 28. Februar vakant sein wird. Es könnte dadurch zu einer wohlüberlegteren Entscheidung kommen, als wenn der Papst im Sterben liegen würde. Aus Gründen der Pietät kann man in so einem Fall ja nicht laut über mögliche Nachfolger sprechen.

Kirchenrechtlich ist es andererseits interessant, dass Nachfolgeberatungen bei Lebzeiten des amtierenden Papstes eigentlich auch verboten sind. Außer der Papst selbst lässt es zu.

derStandard.at: Welche Rolle in der Kirche wird Papst Benedikt nach seinem Rücktritt haben?

Schima: Ich denke, dass Papst Benedikt sich aus kirchlichen Prozessen heraushalten und zurückziehen wird.

derStandard.at: Ist im Kirchenrecht die Rolle für einen ehemaligen Papst festgeschrieben?

Schima: Nein. Mit 28. Februar, 20 Uhr wird Papst Benedikt seine päpstliche Vollgewalt abgeben. Danach hat er keine Sonderbefugnisse mehr. Ich denke auch nicht, dass das zu einem Thema wird. Ich gehe davon aus, dass er sich in ein Kloster zurückziehen wird.

derStandard.at: Hat er offiziell irgendwelche Ansprüche, beispielsweise auf eine Pension oder auf Räumlichkeiten im Vatikan?

Schima: Auch das ist nicht geregelt.

derStandard.at: Können Sie Nachfolgekandidaten nennen?

Schima: Das Nachfolgespiel ist immer eine sehr unsichere Sache, das war auch schon 2005 so. Es gibt italienische Kandidaten, auch andere kommen in Frage. Aber es ist einfach zu früh, um Namen zu nennen.

derStandard.at: Welches Anforderungsprofil muss der neue Papst haben?

Schima: Da das Ende des Pontifikats diesmal durch Rücktritt erfolgt ist, gehe ich von einem jüngeren neuen Papst aus. Papst Benedikt war bei Amtsantritt ja bereits 78 Jahre alt. Ich halte rund um 70 Jahre für das gewünschte Alter.

derStandard.at: Kardinal Schönborn ist 68 Jahre alt. Das würde ja passen.

Schima: Das würde passen, ja.

derStandard.at: 2005 wurde er ja auch als Kandidat gehandelt. Er soll aber als zu jung und zu liberal gegolten haben. Das Alter passt nun, aber wie stehen die Chancen, dass der neue Papst eher liberal sein wird?

Schima: Die letzten beiden Päpste haben die Kardinäle ernannt, die nun den neuen Papst bestimmen werden. Denkt man nun ganz logisch, dann kann man davon ausgehen, dass für einen liberalen Papst kein Platz ist. Andererseits muss man auch sagen, dass Veränderungen nie angekündigt werden. 

Und dann muss man sich auch die Frage stellen, was liberal ist. Schönborn kommt mir nun nicht sehr liberal vor. Und das sage ich ohne Wertung.

derStandard.at: Liberal würde man wohl daran erkennen, dass sich bei Positionen wie gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder Abtreibung etwas ändert.

Schima: Bei diesen Themen kann ich mir nicht vorstellen, dass sich da irgendetwas ändern wird. Realistischer wäre noch, dass sich beim Kondomverbot etwas tut. Da hat der aktuelle Papst sich schon ein bisschen bewegt, wenn auch in lächerlich geringem Maß. (Kim Son Hoang, derStandard.at, 11.2.2013)