Bei Mann können Mitarbeiter, die krank werden, um die Filialprämie umfallen. Für die GPA ist das "rechtswidrig".

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Wien - Der Streit um die richtige Einstufung von Mitarbeitern in der Bäckereibranche gewinnt an Härte. Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) und die Produktionsgewerkschaftt (Pro-Ge) kündigten am Montag rechtliche Schritte gegen die Ketten Mann und Ströck an.

Wie berichtet ist man der Ansicht, deren Beschäftigte würden zu Unrecht nach dem (niedrigeren) Gewerbe-Kollektivvertrag angestellt. Zur Anwendung müsse aber der Industrie-KV für Großbäckereien kommen, erklärt GPA-Bundesgeschäftsführer Karl Proyer im STANDARD-Gespräch.

WKO: "Inszenierter Konflikt"

In einem ersten Schritt wird nun eine Aufsichtsbeschwerde bei der Wirtschaftskammer (WKO) auf Landesebene eingebracht. Deren Folgen halten sich aber in Grenzen: Im Prüfgremium sitzen 50 Prozent Arbeitgeber- und 50 Prozent Arbeitnehmer-Vertreter. WKO-Verhandler Reinhard Kainz lässt auf Anfrage keinen Zweifel, dass man gegen die Zuteilung eines neuen KVs stimmen wird. Die Anwendung des Gewerbe-KVs durch Mann und Ströck sei "sachlich gerechtfertigt und richtig". Er spricht von einem "inszenierten Konflikt" durch die Gewerkschaft.

Einigt man sich weder auf Landes- noch auf Bundesebene der WKO, wandert das Streitthema zu Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner - dem langjährigen WKO-Generalsekretär. Erst danach könnte der Verwaltungsgerichtshof angerufen werden.

Dieses Prozedere stößt bei Proyer auf massive Kritik. Er kündigt nun an, das Aufsichtsverfahren vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu bringen. Es sei nicht einzusehen, dass es bei falschen Gehaltseinstufungen keinen ordentlichen Rechtsweg gebe. Künftig sollten bei Streitfällen Arbeitsgericht, Bezirksgericht bzw. in letzter Instanz der Oberste Gerichtshof zuständig sein. Die Anrufung des EuGH sei nötig, weil es auch in anderen Branchen immer wieder Probleme gebe, so Proyer.

Ströck und Mann halten sich nicht für Industriebetriebe

Ströck und Mann sehen sich trotz der hohen Mitarbeiterzahlen (1780 bzw. 800) nicht als Industriebetrieb und verweisen darauf, dass ihre Bäcker noch immer überwiegend händisch arbeiten würden.

Bei Mann sorgt zudem ein vom STANDARD publik gemachtes Prämienmodell für Wirbel. Wer krank wird, kann die Filialprämie in Höhe von 117 Euro anteilsmäßig verlieren. Die Entscheidung darüber liegt beim Filialmanager. Er entscheidet, ob der Mitarbeiter die Filiale "im Stich gelassen" hat, wie Mann-Vertriebschef Christian Reichinger erklärte.

Krankenkassen sollen Mann prüfen

Die Gewerkschaft schickte daraufhin am Wochenende Mitarbeiter in die Mann-Filialen aus. Die Praxis der nicht bezahlten Prämien im Krankheitsfall stelle ein "schwerwiegendes Problem" dar, so GPA-Vertreterin Barbara Teiber. Sie forderte Mann auf, "diese rechtswidrige Praxis sofort zu beenden". Laut Proyer wurden auch bereits die Gebietskrankenkassen ersucht, explizite Prüfungen bei Mann durchzuführen. (Günther Oswald, DER STANDARD, 12.2.2013)