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In der vordersten Reihe mit dabei zu sein: Davon schwärmen tagtäglich tausende Blogger

Foto: ap

Die österreichische Blogger-Szene unterscheidet sich stark von der Bloggerlandschaft im anglo-amerikanischen Raum. Sogar der Unterschied zum Nachbarland Deutschland ist ein signifikanter: In Österreich gibt es deutlich weniger Technik- und Politik-Blogs. Vereinzelt findet man in der österreichischen Blogger-Szene auch Technik-Begeisterte und Blogger, die über politische Themen auf Twitter schreiben, doch dominiert wird die Szene in Österreich vor allem von den Mode-, Lifestyle- und Food-Bloggern.

Frühstück bei Tiffany's

Zwar ist Facebook nicht das Maß aller Dinge, bei über 2,8 Millionen Facebook-Usern ist es allerdings das soziale Netzwerk Nummer eins. Viele Blogger, vor allem aus dem Lifestyle-Sektor, setzen dabei auf das Vermarktungstool Facebook. Dienste, mit denen man Blogs verfolgen kann – wie beispielsweise Bloglovin' – sind schon lange nicht mehr die ausschließliche Traffic-Quelle. Auch Feed-Reader sind den jüngeren Internetnutzern nicht mehr geläufig. Die ersten Blogs, die im SocialMediaRanking Österreich auftauchen, wenn man die Liste durchgeht, sind von Lifestyle geprägt: "Die Frühstückerinnen", ein Blog, der Frühstückslokale testet und bewertet, befindet sich auf Platz 269 und ist einer der ersten Blogs, die im Ranking überhaupt auftauchen. Die Frühstückerinnen haben den Nerv der Zeit gefunden und informieren in wirtschaftlich unsicheren Zeiten über Genuss und der Liebe zu Zutaten und kleinen Details.

Kritische Beleuchtung von Hypes

Die Bloggerszene rund um Lifestyle-Themen ist in Österreich nicht neu. Einer der bekanntesten und schon seit längerer Zeit beliebtesten österreichischen Modeblogs ist "Stylekingdom". Die Bloggerin Maria R. führt den Blog seit 2007. Auf ihrer Seite findet man regelmäßig Infos zu Schmuck- und Modekollektionen. Doch vor die Meute werden die Häppchen nicht unkritisch geworfen. Unter anderem beleuchtet R. immer wieder Hypes und macht sich Gedanken über die Modeindustrie als solches. Mit Werbung auf der Seite lässt sich so auch der ein oder andere Euro dazuverdienen, wobei man in Österreich kaum Blogger kennt, die von ihren Einnahmen auch tatsächlich leben können. Und auch die Beauty-Blogger leben nicht auf Seidenkissen, sondern bekommen Produkte en masse, die sie später präsentieren. Für die Unternehmen zahlt sich das Marketing-Tool aus: Wo sonst bekommt man für Produkte um 50 Euro eine Reichweite, für die man normalerweise das Zigfache bezahlen müsste?

Früher war alles anders

"Blogger Relations", wie diese Methode heißt, hat sich im Laufe der Jahre aber genauso verändert wie die Bloggerszene als solche: Wo früher noch Geld geflossen ist, wenn berichtet wurde, sollen sich Blogger für die Werbung nur noch mit den Testobjekten an sich anfreunden. Ein Grund dafür ist die enorme Zunahme an Blogs und die damit verbundene Freiheit, sich die Blogger aussuchen zu können. Irgendein Blogger findet sich schließlich immer, der dem Unternehmen die Wünsche abnimmt. Wer einmal "Nein" sagt oder Bedingungen nicht akzeptiert oder gar kritisch hinterfragt, fliegt von der Liste. Und auf diese Liste zu kommen, ist das oberste Ziel vieler junger BloggerInnen, weshalb sie gerne die Nachfolge antreten - ohne aufzubegehren. 

Luxus

Zu den bekanntesten Modeblogs in Österreich gehört auch "Mangoblüte". Mit schönen Fotos untermauert, bietet der Blog Einblicke in ein Leben, das andere vor Neid erblassen lassen könnte: Reisen in Luxus-Resorts, Essen in den besten Restaurants der Welt und ein eigenes Zimmer, das als Schrank dient. Bloggerin Anna hat über 160.000 Besucher pro Monat und gewährt fast täglich Einblicke in ihr Leben.

Ein völlig normales Leben

Doch BloggerInnen wie Anna haben nicht nur Fans und Freunde. Kritiker und Neider sind an jeder Ecke des Internets. Trolle, die sich in den Kommentaren über jedes Detail auf Fotos und in Beiträgen auslassen, sind keine Seltenheit. In einem Bereich, der von Geld und Glamour dominiert wird, gibt es eben auch Andersdenkende. Aber das Negative überwiegt nur selten, denn die Modebloggerinnen feiern ihren Erfolg inmitten glamouröser Gesellschaften, Trzesniewski-Brötchen und Champagner. Bei Presseevents, Fashion Shows und Neueröffnungen dürfen die Internet-Ambassadoren auf keinen Fall fehlen. Ausgestattet mit Goodies und von Unternehmen mit den neuesten Kosmetik-Artikeln und Kleidungsstücken beschenkt, führen die Bloggerinnen abseits des Blogs aber meistens ein völlig normales Leben. Ein halbwegs bekannter Blog kann aber auch schon mal einen Sprung auf dem Karrierebrett begünstigen. Nicht selten kommt es zu Marketing-Kooperationen oder gar Anstellungen von Bloggerinnen, die die Welt der Internetvermarktung oft besser kennen als die Unternehmen selbst.

Der "American Dream" unter den Bloggerinnen

Eine, die man zu Recht immer wieder als Paradebeispiel eines erfolgreichen Bloggerdaseins anführt, ist Tavi Gevinson. Unter dem Titel "The Style Rookie" hat die 1996 geborene Amerikanerin bereits im Alter von 12 Jahren  einen Blog ins Leben gerufen, der sich vorwiegend mit Mode befasst hat. Es folgten Einladungen zu internationalen Fashion Weeks und Großevents, was von den journalistischen KollegInnen nicht immer ernst genommen und sogar öffentlich kritisiert wurde. Einige Jahre später hat Gevinson ein eigenes Online-Magazin gegründet und fungiert dort als Chefredakteurin. Von Forbes wurde sie zwei Jahre hintereinander unter die 30 erfolgreichsten Medienmenschen unter 30 gewählt. Der "American Dream" unter den Bloggerkarrieren, der für viele aber unerreichbar bleibt.

Nischenthemen

Im Gegensatz zu den FashionbloggerInnen sind die Foodblogger noch nicht so lange auf dem Radar der Vermarktungsindustrie. Sie setzen – ähnlich wie die ModebloggerInnen – auf professionell gestaltete Fotos und ansprechende Inhalte. Interessanterweise gibt es auch – im Gegensatz zu den österreichischen Modeblogs -  einige Männer darunter: "The Stepford Husband" ist ein gutes Beispiel für einen österreichischen Foodblog abseits der Frühstückerinnen. Rezepte aus aller Welt werden liebevoll angerichtet und der Öffentlichkeit präsentiert. Seine Kolleginnen von "Küchentanz", "die Küchenschabe" oder "esskultur" sind nicht weniger bemüht, ihren Blogs persönliche Noten und ansehnliche Inhalte zu verleihen. Der Erfolg eines Blogs lässt sich aber schwer messen, solange Zugriffszahlen nicht publik gemacht werden. Doch auch die Zahlen sind nicht immer der Gradmesser für erfolgreiches Bloggen. Es gibt mittlerweile zu vielen Nischenthemen Blogs, die davon profitieren, als beste Meinungsquelle zu dienen. Sie schaffen es auch immer wieder, in journalistische Berichterstattungen eingebunden und zitiert zu werden.

Voyeuristisch

Und täglich springen neue Blogs aus den Untiefen des Internets. Auch, wenn viele Blogs niemals die Reichweite von Stylekingdom, Mangoblüte oder Stepford-Husband erreichen, gibt es für jeden dieser Blogs eine Daseinsberechtigung, weil die Zielgruppe vorhanden ist. Die einen wollen lediglich Expertenmeinungen zu Nagellacken, andere hingegen schauen sich eben gern nette Fotos an. Etwas voyeuristisch ist das Verfolgen von Blogs dennoch, besonders, wenn sie persönlicher Natur sind: Nirgendwo sonst bekommt man den Einblick in das Leben eines völlig fremden Menschen, der angefangen von den täglichen Kocheinlagen und Kleidungseinkäufen auch die ein oder andere Lebensweisheit parat hat oder den Urlaub mit einem teilt. (Iwona Wisniewska, derStandard.at, 28.2.2013)