Wissenschaftler der Charité in Berlin konnten jetzt das Gräserpollen-Molekül identifizieren, das am Anfang der allergischen Reaktion bei Kindern mit Heuschnupfen steht. Zudem konnte gezeigt werden, dass erste Antikörper gegen einzelne Pollenmoleküle bei Kindern bereits nachweisbar sind, bevor die ersten Symptome einer Pollenallergie auftteten. Die Ergebnisse der Langzeitstudie sind kürzlich in der Fachzeitschrift Journal of Allergy and Clinical Immunology erschienen.

Die Arbeitsgruppe Molekularallergologie um Paolo Matricardi von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie am Campus Virchow-Klinikum, hat in einer Studie Daten und Blutproben von 820 Kindern untersucht. Die Kinder im Alter von bis zu 13 Jahren stammen aus fünf deutschen Großstädten und nehmen seit ihrer Geburt im Jahr 1990 an dieser Multizentrischen Allergie Studie teil. 

IgE-Antikörper vor Symptomatik

Im Rahmen eines Teilprojektes zur Entwicklung der allergischen Immunantwort im Kindesalter, konnten die Daten mithilfe nanotechnologischer Methoden erstmals auch auf molekularer Ebene untersucht werden. Bislang werden in der Allergiediagnostik Antikörper mit Hilfe eines natürlichen Gräserpollenextrakts bestimmt, einer Mischung aus mehreren Allergenmolekülen. In der vorliegenden Studie wurde nun ein sogenannter Allergen-Chip verwendet, der es ermöglicht, Antikörper gegen einzelne, mikroskopisch kleine Pollenmoleküle sichtbar zu machen und zu identifizieren.

Die Forschungsergebnisse der Studie zeigen, dass die sogenannten lgE- Antikörper, Proteine, mit denen das Immunsystem körperfremde Erreger abwehrt, schon Jahre vor dem Auftreten erster Symptome entwickelt werden. Bereits im Vorschulalter können diese Antikörper nachgewiesen werden. Sie dienen als Biomarker, die darauf hinweisen können, dass ein Kind im Schulalter an einer Gräserpollenallergie erkranken wird. 

Am Anfang der Reaktionskette

Zudem konnte ein einzelnes Pollenmolekül nachgewiesen werden, das sogenannte Phl p 1, das in den meisten Fällen am Anfang der Reaktionskette steht: Zuerst entwickeln die betroffenen Kinder nur einige lgE-Antikörper auf eine bestimmte Pollenart, in der Folgezeit bilden sie jedoch weitere IgE-Antikörper auch auf andere Pollenmoleküle. Das Immunsystem reagiert auf immer mehr unterschiedliche Allergene, oft bevor allergische Symptome erkennbar sind. Die heutigen Behandlungsmethoden, wie die Hypo- oder Desensibilisierung, führen nicht immer zum Erfolg. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Therapie erst begonnen wird, wenn die betroffenen Kinder unter der Allergie leiden und der Körper bereits Antikörper gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Allergenmoleküle gebildet hat.

"Eine frühe Entdeckung von lgE-Antikörpern könnte die Erfolgsaussichten eines therapeutischen und sogar präventiven Eingreifens verbessern", ist Laura Hatzler, die Erstautorin der Studie, überzeugt. "Die Erforschung von allergenspezifischen, immunologischen Behandlungsformen stellt den nächsten Schritt unserer Forschung dar." (red, derStandard.at, 11.2.2013)