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Brüssels "Einflüsterer" versuchen Beobachtern zufolge bei der Diskussion um die neue Datenschutzverordnung massiv auf die EU-Abgeordneten Einfluss zu nehmen.

Foto: EPA/Hoslet

Lobbyisten in Brüssel ist nie langweilig. Der Entwurf der Europäischen Kommission für die neue Datenschutzverordnung scheint für sie jedoch besonders reizvoll zu sein. Beobachtungen von EU-Parlamentarieren zufolge versuchen sich insbesonders US-Lobbygruppen mit einer Kampagne durchzusetzen, die darauf abziele, die geplante Verordnung als Gefahr für Unternehmen und ein freies Internet darzustellen.

Umfangreichste Lobbykampagne

"Die Lobbyarbeit zur Datenschutzverordnung war schon bisher viel intensiver, als das bei anderen Gesetzesvorschlägen der Fall ist", stellt Jan Philipp Albrecht vom Bündnis90/Die Grünen fest. "Unserem Eindruck nach haben wir es mit einer der umfangreichsten Lobbykampagnen im Europäischen Parlament zu tun."

Verordnung für 27 Mitgliedsstaaten

Seit Frühjahr 2012 ist Albrecht Berichterstatter für das Parlament zum neuen Datenschutzpaket, das die alte Richtlinie von 1995 ablösen soll. Geschaffen werden soll ein dem Internetzeitalter angemessenes einheitliches Datenschutzniveau für alle 27 Mitgliedsstaaten.

Druck ausüben

Rund 170 verschiedene Interessensgruppen haben seither bei dem Politiker angeklopft, um ihm ihre Sicht der Dinge klar zulegen. Darunter Vertreter von Facebook, Microsoft, Siemens, Insurance Europe oder Privacy International.  "Die Art der versuchten Einflussnahme ist sehr unterschiedlich", sagt er zum Standard. "Manche versuchen Druck auszuüben, indem sie als Konsequenz der Verordnung Arbeitsplatzkürzungen in den Raum stellen."

Einflussnahme unterschiedlich

Albrecht, mit 31 Jahren einer der jüngsten Europaparlamentarier, hält die Arbeit der Brüsseler Lobbyisten zwar für generell legitim. Doch zeige sich bei der Datenschutzverordnung deutlicher denn je, dass die Möglichkeiten für Einflussnahme sehr unterschiedlich verteilt seien. "Manche Unternehmen und Institutionen stecken viel Aufwand rein, treffen sich mit einer Armada von Leuten quasi stündlich mit diversen Abgeordneten. Verbraucherschützer hingegen haben in der Regel einfach weniger Ressourcen." Es finde eine massive Verlagerung des Lobbyismus in Richtung jener Organisationen statt, die es sich leisten können.

Liste

Um ein Beispiel für Transparenz zu setzen und Außenstehenden einen Einblick zu geben, wer in Sachen EU-Datenschutzpaket bei ihm vorstellig geworden ist, hat Albrecht dem Standard die Liste der Lobbyisten zu Verfügung gestellt:


Wie erwähnt stört den Politiker nicht das Lobbying per se, sondern "das Verbreiten von Informationen, die nicht der Wahrheit entsprechen". So werde mantraartig heruntergebetet, dass die neue Regelung eine massive Verschärfung der bisherigen Gesetzgebung bedeute und eine große Belastung für die Wirtschaft darstelle.

Interpretationsspielräume fallen weg

Dabei sei der Großteil der Regeln schon seit 1995 geltendes Recht in der EU, das nun eben auf ein einheitliches Niveau gehoben werden soll. Auch Marketing mit Daten sei weiter möglich. "Das schärfste Schwert, mit der die Verordnung kämpft, ist die Einwilligung der Betroffenen dazu." Albrecht: "Die Interpretationsspielräume für Länder fallen weg. Das gefällt Ländern wie Italien oder Irland weniger, die die bisher niedrigere Standards pflegten."

Für viele Organisationen sei eine Durchsetzung der bestehenden Gesetze sicher schmerzhaft, weil sie sich bisher mangels Konsequenzen nicht daran gehalten hätten.  Besonders umkämpft ist das Vorhaben, Unternehmen bei Datenschutzverstößen mit einer Strafe von bis zu einer Million Euro oder zwei Prozent des jährlichen Umsatzes zu belegen.

Veranstaltungen, die Abrecht in diesem Kontext besucht hat

(Karin Tzschentke/Florian Gossy, DER STANDARD/derStandard.at, 11.2.2013)