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Vor allem die von Einbürgerungswilligen verlangten Einkommen können viele Betroffene bei den Löhnen, die in Österreich bezahlt werden, nicht schaffen.

Foto: APA/Gindl

Im Juli soll das neue Staatsbürgerschaftsgesetz laut Regierung in Kraft treten, dessen Entwurf derzeit, und zwar bis 6. März, in der Begutachtung ist. Die ÖVP, deren Handschrift der Vorschlag vor allem trägt, lobt ihn: Laut Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) wird darin unterstrichen, dass die Staatbürgerschaft "ein hohes Gut" sei; man solle "stolz sein, Österreicher werden zu dürfen".

Mit Koalitionspartnerin und Mitverhandlerin SPÖ ist die ÖVP einig, dass der Entwurf einem begrüßenswerten Prinzip folgt: Besonders gute Integration, nach im Europavergleich sehr strengen Kriterien bemessen, soll mit rascherer Chance auf Einbürgerung belohnt werden, konkret nach sechs Jahren. Für alle anderen MigrantInnen sollen es, wie schon bisher, zehn Jahre bleiben. Aber nur bei Erfüllung der Kriterien, wohlgemerkt, die jedoch so, wie sie gestaltet sind, direkt auf die Kehrseite der Medaille verweisen.

Denn vor allem die von Einbürgerungswilligen verlangten Einkommen können viele Betroffene bei den Löhnen, die in Österreich bezahlt werden, nicht schaffen. Und die zu erwartenden Unterbrechungen in modernen Arbeitskarrieren, wegen der auch in Österreich beachtlichen Jobunsicherheit, machen das noch unwahrscheinlicher.

30 Jahre Warten

Selbst viele ÖsterreicherInnen hätten nach den aufgestellten Regeln keine Aussicht, die Staatsbürgerschaft zu ergattern. Zum Beispiel 60 bis 70 Prozent aller in Österreich beschäftigten Arbeiterinnen und 30 bis 40 Prozent aller Arbeiter. Wobei, was zusätzlich noch zu beachten ist: MigrantInneneinkommen liegen oft unter dem Durchschnitt.

Dieser Ausschluss wird ÖVP-seitig befürwortend in Kauf genommen: In der Zusammenfassung des Entwurfs aus dem Integrationsstaatssekretariat wird der leistungsorientierte Gesetzesvorschlag als ein dreistufiger geschildert. "Stufe 3: Gar nicht erhalten soll die Staatsbürgerschaft wer all die Kriterien nicht erfüllt", steht da.

Doch so klar diese Ansage auch ist, so wenig wurde bisher bedacht, warum jene, die das so wollen, es richtig finden. Auf die Einkommensgrenzen bezogen heißt das: Was passiert in der Gesellschaft, wenn Schlechtverdienende und Arme keine – oder erst mit jahrzehntelanger Verzögerung - österreichischen Staatsbürger werden können?

Frage der Rechte

Um das zu beantworten, ist zuerst zu klären, welche zusätzlichen Rechte für eine Migrantin oder einen Migranten mit der Einbürgerung einhergehen, wenn er oder sie bereits länger in Österreich lebt. Rechte auf Sozialleistungen sind es nicht: In diesem Bereich wurden Drittstaatsangehörige durch EU-Richtlinien Einheimischen und UnionsbürgerInnen de facto gleichgestellt. Von Wichtigkeit ist die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft hingegen für die Aufenthaltssicherheit, die dadurch ein für alle Mal gewährt wird (auch wenn sie aufgrund der Aufenthaltsverfestigung schon davor im Großen und Ganzen gegeben war).

Besonders wichtig, ja zum Teil alleinbestimmend, ist die Einbürgerung hingegen für die politischen Rechte einer Person: fürs Wahlrecht im Land und im Bund  - und, von den hier gleichgestellten EU-BürgerInnen abgesehen, auch kommunal. Nur als StaatsbürgerIn kann man mitbestimmen, wie die nächste Regierung ausschaut und damit zum Teil auch, welche Gesetze diese einführt.

Lebt und arbeitet man hingegen im Land, ohne eingebürgert zu sein, entscheiden darüber andere. Und zwar, bei Ausschluss Niedrigverdienender, jene, die über mehr Einkommen verfügen - auch MigrantInnen, die die hohen Einkommenshürden schaffen. Sie entscheiden das natürlich im Sinne ihrer Interessen, jener der (etwas) Einkommensstärkeren – während die Interessen Niedrigverdienender durch ein Einbürgerungsrecht, das Arme jahrzehntelang ausschließt, unterrepräsentiert bleiben.

Politisch von Einfluss

Das heißt: Sind – so wie es derzeit der Fall ist und laut Staatsbürgerschaftsnovellenentwurf auch bleiben soll - viele eingewanderte Niedrigverdiener für Jahrzehnte von der politischen Mitentscheidung ausgeschlossen, so hat das Einfluss auf die Politik. Regelungen durchzusetzen, die nicht den Interessen von Armen entsprechen, wird damit leichter. Die Frage ist, ob derlei Zusammenhänge bei den Verhandlungen für die Einbürgerungsnovelle mitbedacht wurden.

Auf alle Fälle aber ist der Stellenwert des Geldes beim ÖsterreicherInnenwerden auch andernorts beachtlich: Ein 32-Länder-Vergleich des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz ergab, dass die bei Einbürgerung zu berappenden Gebühren, außer in der Schweiz, nirgends in Europa so hoch sind wie in Österreich. (Irene Brickner, derStandard.at, 9.2.2013)