Kremsmünster/Klagenfurt - Jener ehemalige Pater des Stiftes Kremsmünster in Oberösterreich, der wegen Missbrauchs vor einer Anklage stehen dürfte, arbeitete in den 1970er-Jahren mit dem pädophilen und wegen Mordes verurteilten, mittlerweile verstorbenen Kinder- und Jugendpsychiater Franz Wurst, zusammen. Das ergeben Akten der Staatsanwaltschaft Steyr, aus denen die "Oberösterreichischen Nachrichten" in ihrer Samstag-Ausgabe zitierten und die auch der APA vorliegen. Ein erstes Ermittlungsverfahren nach Missbrauchsvorwürfen gegen den 79-Jährigen gab es offenbar bereits 2007.

Psychologische Tests an Schülern

Der Klagenfurter Dozent Wurst sei bei den psychologischen Tests, die an neuen Schülern durchgeführt wurden, sein "ständige Begleiter" gewesen, sagte der Ex-Pater laut den Protokollen aus. Er habe mit ihm oft längere Gespräche geführt. Wurst habe dabei die Ansicht vertreten, dass bei jedem Buben spätestens in der Pubertät untersucht werden müsse, "ob seine Genitalien medizinisch in Ordnung sind". Der Arzt habe auch in Kremsmünster die Genitalien von Schülern vermessen und ihn von der Nützlichkeit und Notwendigkeit dieser Maßnahme überzeugt. Nach Wursts Ausscheiden habe er gelegentlich, "wo es mir wünschenswert schien", dessen Rat weiter befolgt.

Pädophile Neigung

Der ehemalige Geistliche gibt auch zu, dass er eine "homoerotische" und eine pädophile Neigung habe. Die Untersuchungsmethoden Wursts hätten ihn aber höchstens unterbewusst erregt. Erste Ermittlungen gegen den Ex-Pater gab es bereits 2007, als im Zusammenhang mit einer anderen Causa Missbrauchsvorwürfe auftauchten. Das Verfahren wurde damals aber wegen Verjährung eingestellt. Die aktuellen Ermittlungen dürften allerdings schwererwiegende Vorwürfe ans Tageslicht gebracht haben. Eine Anklage könnte unmittelbar bevorstehen.

Der im Jahr 2008 verstorbene Franz Wurst war als Kinderarzt und Kinderneuropsychiater in Kärnten tätig. Nach einem tödlichen Treppensturz seiner 78-jährigen Frau, flog die ausgeprägte Pädophilie von Wurst auf. Bei Ermittlungen fand die Polizei heraus, dass ein 19-jähriger "Patensohn" von ihm angestiftet worden war, seine Frau zu ersticken.

Im Prozess 2002 wurden Wurst neben dem Mord auch insgesamt 40 schwere sexuelle Straftaten gegen Minderjährige zur Last gelegt, die er seit 1968 begangen hatte. Er wurde zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt, wegen Haftunfähigkeit aber bereits nach vier Jahren wieder entlassen. Er starb im April 2008. (APA, 9.2.2013)