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19 Minuten Jubel im Publikum: Die Gruberova bekam für ihre "Straniera" im Wiener Musikverein an einem Abend mehr Applaus als manche Sängerinnen im Laufe eines Jahres.

Foto: APA/Pfarrhofer

Edita Gruberova feiert am 18. Februar ihr 45-jähriges Bühnenjubiläum. Dass die Primadonna assoluta sich beim Einbiegen auf die Zielgerade ihres Karrierewegs noch an ein für sie neues Werk herangewagt hat, ist ebenso bemerkenswert wie die immer noch beeindruckende Wendigkeit und Kraft ihrer Stimme. Mit einer konzertanten Aufführung von Vincenzo Bellinis selten gespielter Oper "La Straniera" gastierte die 66-Jährige am Freitagabend im Wiener Musikverein, in den sie just zum 18. Februar nochmals zurückkehren wird - und bezirzte wie gewohnt ihre Fans.

Eine wahre Diva hat einen späten Auftritt, und in dieser Hinsicht ist "La Straniera" (Die Fremde) wie komponiert für die Diva der Koloraturen: Ihre Rolle der Alaide hat einen späten Einsatz, was die Spannung auf den Auftritt des Stars erhöht, und auch dann ertönt ihre Stimme zunächst von hinter der Bühne. Aber in dem dreistündigen, narrativ kruden Werk, bekommt die Gruberova ausführlich Gelegenheit, ihre Fähigkeit zu präsentieren, zwischen leisen, zerbrechlichen Passagen und scharfen, triumphierenden Momenten scheinbar mühelos zu wechseln.

Schwaches Libretto

Dabei hat Bellini die 1829 an der Mailänder Scala uraufgeführte Oper mit verhältnismäßig sparsam eingesetzten Koloraturen komponiert, was das Werk streckenweise näher an Carl Maria von Weber denn die italienischen Zeitgenossen rückt. Das Libretto hingegen dürfte einer der Gründe sein, weshalb die bis dato letzte szenische Inszenierung des Werks aus 2007 stammt. Gruberovas Alaide wird vom Bruder Valdeburgo beschützt, nachdem sie ihr Liebhaber, Spaniens König Philip, abserviert hat.

Zugleich wird die als Fremde unter den Einheimischen Wandelnde von ihrem neuen Verehrer Arturo bedrängt, der seine eigene Verlobte für die Unbekannte sitzen lassen möchte und im Streit ihren Bruder ersticht - oder eigentlich nicht, denn auf einmal taucht dieser wieder auf. Zur Strafe muss Arturo nun aber doch seine Verlobte heiraten - ein feministisches Stück ist "La Straniera" wahrlich nicht. Da ersticht er sich lieber am Ende, was Alaide nochmals die Gelegenheit zu einer Trauerarie gibt.

Spielerisch interpretiert

Immerhin eröffnen sich dem samtig-schönen Bariton von Paolo Gavanelli als Bruder einige schöne Momente, während die ausgebootete Verlobte Isoletta von Sonia Ganassi mit sehr guter Mittellage überzeugend interpretiert wurde. Tenor Jose Bros als hitzköpfiger Liebhaber nahm seine Höhen enggeführt und mit ordentlichem Druck. Gruberova blieb jedoch die Einzige des Ensembles, die ihre Rolle auch ohne Notenblätter frei sang, was ihr eine ungleich größere Freiheit bei der spielerischen Gestaltung ihrer Rolle ließ.

19 Minuten Applaus

Am Ende bekam die Gruberova dann an einem Abend mehr Applaus als manche Sängerinnen im Laufe eines Jahres. "Wenn es keine 20 Minuten sind, dann stört mich das", hatte sie bei ihrem Wien-Besuch im Jänner noch ironisch unterstrichen. Am Freitagabend kam sie im Musikverein auf gezählte 19 Minuten - trotz der fehlenden 60 Sekunden sicherlich kein Grund zur Traurigkeit.

So kehrt Gruberova mit ihren Beiwagerln, zu dem neben den Sängern auch das Münchener Opernorchester unter Pietro Rizzo zählt, am 18. Februar in den Musikverein zurück. Und selbst auf eine szenische Inszenierung müssen Opernfans nicht mehr lange warten: Am 23. Juni feiert "La Straniera" mit der Jubilarin im Opernhaus Zürich Premiere unter der Regie von Gruberova-Hausregisseur Christof Loy und unter musikalischer Leitung von Fabio Luisi - als Koproduktion mit dem Theater an der Wien. Dort soll die "Straniera" mit der Primadonna assoluta dann 2015 zu sehen sein. (APA/Martin Fichter-Wöß, 9.2.2013)